Greta Garbo in "Mata Hari", USA 1931

Stichtag

15. April 1990 - Hollywood-Diva Greta Garbo stirbt

Großes darstellerisches Talent attestiert selbst Mauritz Stiller seinem Schützling nicht. Dafür entdeckt Schwedens großer Stummfilmregisseur bei Greta Lovisa Gustafsson etwas viel Kostbareres: Ausstrahlung. "Ein solches Gesicht gibt es nur einmal im Jahrhundert", prophezeit Stiller. "Wartet nur, bis ich mit ihr fertig bin, dann wird sie die Götter glücklich machen."

Greta, 1905 als Tochter eines Seemanns in Stockholm geboren, hat schon mit 14 Jahren arbeiten müssen, erst bei einem Friseur, dann in einem Kaufhaus. Als Modell in Reklamefilmen entdeckt der hübsche pummelige Teenager Spaß an der Arbeit vor der Kamera und ergattert 1922 die erste Filmrolle. Zwei Jahre später macht Greta Gustafsson in Mauritz Stillers "Gösta Berling" auf sich aufmerksam. Der Regisseur verpasst seiner schüchternen Elevin den Künstlernamen Garbo, was "Kobold" im Schwedischen bedeutet, und öffnet ihr die Tür zur internationalen Filmkarriere.

Die Garbo spricht

Auf Einladung von MGM-Mogul Louis B. Mayer reisen Stiller und Garbo 1925 nach Hollywood. Beim ersten Treffen mäkelt der allmächtige Mayer: "Die Männer in Amerika mögen keine dicken Frauen." Auch die Presse rügt an der rundlichen Schwedin so einiges: kein Glamour, abgelaufene Absätze und Laufmaschen in den Strümpfen. Das Auge einer Kamera aber bringt eine für Hollywood neue, sylphidenhafte Ausstrahlung in Garbos schönem Gesicht zum Vorschein. So machen sich die Image-Experten von MGM ans Werk und verordnen der Schwedin eine Radikalkur: strenge Diät, neue Frisur, Zahnkorrekturen und viel, viel Schminke gegen die unreine Haut. Der Rest ist gute PR, aus Greta Garbo wird "die Göttliche".

Im wohldosierten Licht der Scheinwerfer entsteht die Kunstfigur einer makellosen Heldin, dem Alltag entrückt, eingehüllt in eine Aura des Geheimnisvollen. "Wenn sie ihre langbewimperten Lider hob, war es, als bräche der Tag an, wenn sie sie senkte, als würde es Nacht", schwärmt später der Film-Kritiker Mathes Rehder. Dank ihrer warmen Alt-Stimme wechselt Greta Garbo - anders als viele Rivalinnen - problemlos ins Tonfilm-Zeitalter. "Garbo talks!" tönt MGM 1930 und Millionen Kinogänger lauschen den ersten Worten der Diva: "Gib mir einen Whiskey mit Ginger. Und nicht knausrig sein."

Die Garbo lacht

Mit "Mata Hari", "Menschen im Hotel", "Königin Christine" oder "Anna Karenina" dreht die Garbo nun Welterfolge in Serie. Als Mensch aber bleibt der öffentlichkeitsscheue Star so gut wie unsichtbar. Selbst von PR-Auftritten ist MGM's Kassenmagnet vertraglich entbunden, in Hollywood sonst undenkbar. "Am Filmset", erinnert sich Garbos damalige Kollegin Maren Morley, "benahm sie sich ganz normal, schloss aber keine Freundschaften. Ihre Unnahbarkeit war legendär." Nur ein einziges Mal wagt es die Stil-Ikone, aus ihrem engen Rollenkorsett der edlen, in Schönheit Leidenden auszubrechen und im Film zu lachen. Für Meisterregisseur Ernst Lubitsch spielt Greta Garbo 1939 die Titelrolle in der Komödie "Ninotschka" und landet als trampelige Sowjet-Kommissarin im sündigen Paris den größten Erfolg ihrer Karriere.

Die Garbo verschwindet

Umso tiefer ist der Fall, als das folgende Romantik-Epos "Die Frau mit den zwei Gesichtern" an den Kassen floppt. Gerade 36 Jahre alt, wendet sich Greta Garbo abrupt von Hollywood ab und dreht nie wieder; die "Göttliche" verschwindet von der Bildfläche. Während sich Mythen um ihr Privatleben ranken, reist die Diva i. R. unerkannt durch die Welt und verdient mit Immobilien Millionen. 1963 lässt Greta Garbo die Presse wissen: "Würde ich bei meinem heutigen Aussehen wieder vor die Kamera treten, wäre nicht nur mein Mythos zerstört, sondern auch das profitable Geschäft damit ruiniert." Fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem Abschied vom Kino stirbt die Garbo am 15. April 1990 mit 84 Jahren in New York.

Stand: 15.04.2015

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