Bronzestatue des Sonnengottes Sol Invictus, 3. Jhdt.

Stichtag

25. Dezember 274 - Rom feiert erstmals Geburtstag des Sonnengottes Sol

Traditionell am 25. Dezember feiert die christliche Welt die Geburt von Jesus Christus. Wann der Gottessohn tatsächlich zur Welt kam, können jedoch nicht einmal die Frühchristen wissen. Die Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums enthält zwar präzise Ortsbeschreibungen, aber keine Angaben zu Tag, Monat und Jahr des Ereignisses. Die frühen Kirchenväter gehen noch davon aus, dass die Geburt in den Frühling fiel. Eine Weile wird der 6. Januar propagiert.

"Doch solch eine Persönlichkeit musste einen festen 'dies natalis' haben, einen Geburtstag, den man feiern konnte", erklärt der Münsteraner Historiker Johannes Hahn. "Und wenn es den nicht gegeben hat, war es irgendwann Zeit, sich hier festzulegen." So findet mehr als 300 Jahre nach Christus der 25. Dezember als Jesu Geburtstag Eingang in den christlichen Glauben. Nicht zufällig, denn im spätantiken Rom ist dies ein beliebter Feiertag, gewidmet dem Sonnengott Sol.

Tempel-Eröffnung zur Sonnenwende

Sol, dessen Ursprünge bis in den altpersischen Mithras-Kult zurückreichen, macht im Rom des dritten Jahrhunderts eine steile Karriere: Als Sol Invictus, der unbesiegte Sonnengott mit dem Strahlenkranz, spielt er eine große Rolle bei den Feldzügen der Kaiser. Er gilt, so der Spätantiken-Experte Hahn, als Überträger der Herrschaft. Unter Aurelian (270-275) steigt Sol in die erste Riege der römischen Staatsgötter auf. Der Kaiser erklärt den im ganzen Reich bekannten Gott zum persönlichen Schutzherrn, lässt Münzen mit dessen Abbild prägen und erbaut im Jahr 274 einen prächtigen Tempel zu Sols Verehrung – nicht an Aurelians Palast auf dem Palatin, sondern volksnah auf dem Marsfeld.

Nach dem von Julius Cäsar installierten Kalender ist der 25. Dezember das Datum der Wintersonnenwende, der Tag, von dem an das Licht wieder Oberhand über die Finsternis gewinnt. Historiker vermuten, dass Kaiser Aurelian an jenem Tag vor 1.740 Jahren die Einweihung des Sol-Tempels und damit erstmals den Geburtstag des Sonnengottes feiern lässt. "Das wäre nichts Revolutionäres. Sonnenwenden spielen auch in anderen Kulten eine große Rolle", weiß Johannes Hahn.

Heiden-Kult für Christentum vereinnahmt

Belegt ist, dass Aurelian zur Tempeleröffnung ein rauschendes Volksfest feiern lässt, das alle vier Jahre stattfinden soll. Mit aufwändigen Circus-Spielen und spektakulären Wagenrennen gewinnt der Kaiser auf einen Schlag das Volk für den Sol-Kult und eint die vielgläubigen Römer in der Verehrung des Sonnengottes. Auch als Aurelian ein Jahr später ermordet wird, bleibt er als Sol Invictus populär. Das Abbild des Unbesiegbaren erscheint weiter auf Münzen. Unter Konstantin I. (306-337) erringt die Sol-Verehrung dann für das sich trotz harter Verfolgung ausbreitende Christentum überragende Bedeutung.

Ein halbes Jahrhundert nach der ersten Feier für Sol schreibt ein syrischer Gelehrter: "Da nun die Lehrer der Kirche sahen, dass sich viele Christen zur Teilnahme an diesen Festen verleiten ließen, beschlossen sie, fortan am selben Tag das Fest der wahren Geburt zu begehen." Der Kirchenvater Augustinus (354-430) rechnet schließlich mit der heidnischen Vergangenheit der Sonnengott-Feier ab und vereinnahmt den 25. Dezember als Festtag der Christen: "Wir sollen also, Brüder, diesen Tag feierlich begehen, nicht wie die Ungläubigen um dieser Sonne willen, sondern um dessentwillen, der die Sonne geschaffen hat."

Stand: 25.12.2014

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