Kundin steht mit Einkaufswagen und Kind vor einem Regal

Stichtag

5. September 1949 – Erster deutscher Supermarkt eröffnet

Supermärkte sind böse. In ihnen lauern Produkte, die den Kunden übers Ohr hauen sollen. Und der Parcours durch die Regale ist ein teuflischer Ritt der Verführung mit dem Einkaufswagen.  

"Marketingstrategen haben heute jeden Supermarkt bis auf jeden Quadratzentimeter durchdacht", sagt etwas nüchterner Silke Schwartau von der Verbraucherschutzzentrale Hamburg. "Überall gibt es Tricks und Fallen, damit wir mehr kaufen, als wir eigentlich wollen."

 "Die Hausfrau braucht nicht mehr anzustehen" 

In seinen Anfängen geht es im Supermarkt noch nicht ganz so dämonisch und trickreich zu. Die Idee stammt – natürlich – aus den USA. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg gibt es in Deutschland Versuche, den guten alten Tante-Emma-Laden, die Metzgerei und die Bäckerei um die Ecke in einem Selbstbedienungsgeschäft ohne Ladentheken zu vereinen. Die Versuche scheitern. Erst am 5. September 1949 ist es soweit: Der erste deutsche Supermarkt wird in Hamburg eröffnet. Er bietet auf 170 Quadratmetern Obst, Brot und Fleisch in einem Laden – Regale und Drehtüren inklusive. 

"Die Hausfrau braucht nicht mehr anzustehen", wirbt die "Konsumgenossenschaft Produktion" (Pro) damals für die neue Freiheit beim Einkauf. Damit sich die Kunden zwischen den Regalen auch zurechtfinden, bringt sie einen eigenen Flyer heraus.  "'Nimm selbst" ist der Grundgedanke der Selbstbedienung", steht darin zu lesen. "Willst du etwas ansehen, dann nimm es in die Hand. Gefällt es dir, dann leg es in den Einkaufswagen." 

Monopol der Ketten 

Schnell entwickelt sich der Supermarkt im Wirtschaftswunderland der Bundesrepublik zum Erfolgsmodell. Unzählige Geschäfte sprießen aus dem Boden. Diese Vielfalt ist heute allerdings wieder stark eingeschränkt. Inzwischen wird der Markt von fünf großen Ketten beherrscht, die auch das gesamte Warenangebot bestimmen. 

Damit mehr gekauft wird, setzen diese tatsächlich auf Tricks und Fallen. Warenständer hindern die Kunden daran, allzu schnell durch die Gänge zu hasten, angenehme Düfte und leise Melodien appellieren ans mentale Wohlfühlzentrum. Um Frische zu suggerieren, wird Obst mit grünem und Fleisch mit rotem Licht bestrahlt. Zudem werden Preiserhöhungen zunehmend durch eine Reduktion des Inhalts in den Verpackungen kaschiert.  

Derlei Mogeleien und Verführungen sind äußerst lukrativ: Immerhin kaufen Kunden heute 60 Prozent ihrer Waren spontan vor Ort.

Stand: 05.09.2014

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