Deutsche Soldaten zerbrechen am 01.09.1939 einen polnischen Schlagbaum

Stichtag

1. September 1939 - Deutschland überfällt Polen

Angeblich geht es Adolf Hitler nur um die Rückgabe deutscher Gebiete, die nach dem Ersten Weltkrieg Polen zugeschlagen wurden. Dazu gehören Danzig und der so genannte Polnische Korridor, ein Streifen Land, der seit 1920 Ostpreußen vom Deutschen Reich abtrennt. Doch die jahrelange Forderung ist nur ein Vorwand: "Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht", sagt Hitler am 23. Mai 1939 vor den Oberbefehlshabern der Wehrmacht. "Es handelt sich für uns um die Erweiterung des Lebensraums im Osten und die Sicherstellung der Ernährung. Es entfällt also die Frage, Polen zu schonen, und es bleibt der Entschluss, bei erster Gelegenheit Polen anzugreifen." Er werde einen "propagandistischen Anlass zur Auslösung des Krieges" geben - gleichgültig, ob das glaubhaft sei oder nicht. "Der Sieger wird später nicht gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht."

Die Planungen für den Angriff auf Polen sind am 15. Juni 1939 abgeschlossen. Der Deckname der Geheimpläne lautet Operation "Fall Weiss". Um zu verhindern, dass die Rote Armee bei dem Vorhaben stört, fliegt Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop am 23. August 1939 nach Moskau, wo in Anwesenheit Josef Stalins ein Nichtangriffs- und Konsultationspakt mit der Sowjetunion unterzeichnet wird. Ein geheimes Zusatzprotokoll regelt, wie Hitler und Stalin die Beute unter sich aufteilen wollen.

Polnische Kleinstadt wird bombardiert

In der Nacht zum 1. September 1939 ist es soweit: SS-Männer täuschen einen polnischen Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz vor. Damit soll legitimiert werden, dass das deutsche Schulschiff "Schleswig-Holstein" die Westerplatte beschießt - eine Halbinsel und polnische Exklave vor Danzig. Fast zeitgleich bombardieren deutsche Sturzkampfflieger die polnische Kleinstadt Wielún. Vor dem Reichstag lügt Hitler: "Polen hat heute Nacht zum ersten Mal auf unserem eigenen Territorium auch mit bereits regulären Soldaten geschossen." Nun werde Bombe mit Bombe vergolten. "Seit fünf Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen." Der 2. Weltkrieg hat begonnen.

England und Frankreich sind mit Polen verbündet. Beide Länder erklären deshalb am 3. September 1939 Deutschland den Krieg. Zu Hilfe kommen sie Polen aber nicht. Die deutschen Truppen dringen rasch nach Warschau vor. Ihnen folgen so genannte zivile Einsatzgruppen, die 3.000 Männer umfassen. Die meisten sind Polizisten von Beruf. Ihr Auftrag ist es, die polnische Elite auszuschalten. Dadurch soll möglicher Widerstand verhindert werden. Bis zum März 1940 töten die Einsatzgruppen in Polen 60.000 Menschen.

"Wer kann so mit Menschen umgehen?"

Der Polen-Feldzug der Wehrmacht ist zu diesem Zeitpunkt schon lange beendet. Das angegriffene Land kapituliert bereits am 6. Oktober 1939. Während die Tötung der polnischen Intellektuellen noch in vollem Gang ist, hat die Vernichtung von rund zwei Millionen polnischen Juden gerade erst begonnen. Auf einem Bahnhof in Łódź beobachtet zum Beispiel der deutsche Hauptmann Wilm Hosenfeld im Dezember 1939, wie Juden in Züge getrieben werden. "Da liegt System darin, man will diese Menschen krank, elend, hilflos machen, sie sollen umkommen. ... Woher ist dieser teuflische Plan, wer kann so mit Menschen umgehen?"

Hosenfeld, der den deutschen Überfall auf Polen am 1. September noch für eine gerechte Sache hielt, rettet im Laufe des Krieges polnischen Juden das Leben. Darunter dem Pianisten Wladyslaw Szpilman. Andere haben nicht so viel Glück. Während des Holocausts werden rund sechs Millionen europäische Juden vernichtet. Insgesamt sterben im Zweiten Weltkrieg je nach Schätzung zwischen 50 und 80 Millionen Menschen - drei bis fünf Mal mehr als im Weltkrieg davor.

Stand: 01.09.2014

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