Gottfried von Cramm in einem Match, um 1935

Stichtag

7. Juli 1909 - "Tennis-Baron" Gottfried von Cramm wird geboren

Gottfried von Cramm versucht ein Leben lang vergeblich, was erst Boris Becker gelingt: der Einzelsieg auf dem Rasen von Wimbledon. In den 1930er-Jahren ist von Cramm einer der populärsten Sportler Deutschlands: Er gewinnt bei den French Open und siegt in 82 von 101 Davis Cup-Spielen für Deutschland. Nur der Einzelsieg gelingt ihm in Wimbledon nicht – obwohl er drei Mal im Finale steht. Der Sporthistoriker Heiner Gillmeister von der Universität Bonn vergleicht von Cramm und Becker: "Von Cramm, das war ein Spieler mit eleganten Bewegungen, mit wunderbaren Passierschlägen. Stellt man ihm den Kraftprotz Boris Becker gegenüber, der von seinem gewaltigen Aufschlag lebt, ist ein stilistischer und ästhetischer Unterschied wie er größer nicht sein könnte."

Rivalen nennen ihn "Mister Fairplay"

Gottfried Freiherr von Cramm, geboren am 7. Juli 1909, ist nach eigenen Angaben fünf oder sechs Jahre alt, als er von seinen Eltern einen Tennisschläger bekommt und auf dem elterlichen Besitz in der Nähe von Hildesheim anfängt zu spielen. Tennis ist damals ein Sport der Reichen. Der Vater bringt es vom Studium in Oxford mit und der ehrgeizige Sohn trainiert unermüdlich. Bei seinen ersten Auftritten auf größeren Wettkampfbühnen wird er schnell populär. "Er war ein deutscher Adeliger, dazu blond, groß gewachsen, schlank, durchtrainiert. Der Schwarm aller Frauen", erklärt Heiner Gillmeister.

Zudem ist er als würdevoller Verlierer und anmutiger Spieler bekannt. "Mister Fairplay" nennt ihn der US-Amerikaner Donald Budge, der sich im Davis Cup 1937 mit von Cramm eines der spektakulärsten Tennisduelle der Geschichte liefert. Von Cramm verliert in dramatischen fünf Sätzen. Der siegreiche Budge sagt daraufhin über von Cramm: "Er spielte schönes, einfach beneidenswert schönes Tennis, das war ihm wichtiger als der Sieg."

Eingesperrt auf dem Zenit seines Könnens

Als er das Nazi-Regime kritisert, holt ihn die Gestapo 1938 ab. Auf dem Zenit seines Könnens verbringt er ein halbes Jahr im Gefängnis. "Man hat ihm vorgeworfen, er habe ein homosexuelles Verhältnis zu einem Juden namens Manasse Herbst gehabt, das allerdings schon seit 1931 bekannt war", sagt der Sporthistoriker Gillmeister.

Im Zweiten Weltkrieg erleidet von Cramm Erfrierungen an den Beinen. Doch schon 1945 steht er wieder auf dem Tennisplatz. Er wird mehrfach Sportler des Jahres und belebt 1948 federführend den Deutschen Tennisclub. In einer zweiten Karriere importiert er Baumwolle aus dem Sudan und aus Ägypten. Dort kommt er 1976 mit 67 Jahren bei einem Autounfall ums Leben.

Stand: 07.07.2014

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