Herbert von Karajan, Dirigent

Stichtag

16. Juli 1989 - Herbert von Karajan stirbt in Anif

Genial, charismatisch, eitel - er gilt als Inbegriff des Dirigenten: Herbert von Karajan gehört zu den bekanntesten und bedeutendsten Orchesterleitern des 20. Jahrhunderts. Mit insgesamt über 300 Millionen Platten und CDs ist der Österreicher der bislang bestverkaufte Klassik-Interpret. Der Sohn eines musikbegeisterten Chirurgen wird am 5. April 1908 in Salzburg geboren. Schon als Vierjähriger erhält Herbert Klavierunterricht, mit acht Jahren beginnt er ein Musikstudium. In der Schule begeistert er sich auch für Technik und Motoren. Nach der Matura studiert er in Wien Musikwissenschaften und Dirigieren.

Sein erstes Engagement erhält der 21-Jährige 1929 in Ulm. Kurz nach der Machtübernahme von Adolf Hitler 1933 tritt Karajan in die NSDAP ein. Das kommt seiner Karriere zugute: 1934 wechselt er nach Aachen, wo er im Jahr darauf zum jüngsten Generalmusikdirektor Deutschlands berufen wird. Bald steht er vor den ganz großen Orchestern: 1937 ist er an der Wiener Staatsoper tätig, 1938 dirigiert er die Berliner Staatskapelle. Die Kritiker sprechen vom "Wunder Karajan". Seine Leitungsfunktion behält er, bis 1944 sämtliche deutsche Theater geschlossen werden.

Vertrag auf Lebenszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg erhält Karajan als Mitläufer und Profiteur 1946 ein einjähriges Berufsverbot. Dann geht seine Karriere weiter: Er dirigiert die Wiener Philharmoniker, an der Mailänder Scala und beim Londoner Philharmonica Orchestra. Ab 1958 leitet er die Salzburger Festspiele. Von den Berliner Philharmonikern erhält Karajan einen Vertrag auf Lebenszeit. Wie kaum ein anderer Dirigent nutzt Karajan auch die Medien für seine Kunst: Neben den insgesamt über 1.000 Tonaufnahmen produziert er ab den 1960er Jahren auch aufwendige Musikfilme, die weltweit zu sehen sind. 1981 veröffentlicht er gemeinsam mit der Firma Sony die erste CD. Neben seiner Selbstvermarktung kümmert er sich auch um die Förderung des musikalischen Nachwuchses. Dazu gehören der Tenor José Carreras, der Dirigent Christoph Eschenbach und die Geigerin Anne-Sophie Mutter.

Der selbstbewusste und eigenwillige Dirigent ist es gewohnt, sich durchzusetzen. Nach fast 30-jähriger Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern kommt es 1982 allerdings zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Karajan und dem Orchester. Gestritten wird um die Aufnahme der Klarinettistin Sabine Meyer, die Karajan durchsetzen möchte. Das Orchester hingegen kann laut Statuten selbstständig entscheiden, der Dirigent hat nur ein Vetorecht. Auch in Salzburg kommt es zu Querelen. Ende der 1980er Jahre gibt Karajan seine Ämter in beiden Städten schließlich auf.

Chronische Schmerzen

Privat lebt Karajan wie ein Prominenter des Jet Set. Er heiratet drei Mal, fährt exklusive Sportwagen, steuert seine eigenen Flugzeuge und fährt Ski in St. Moritz, wo er eine Villa besitzt. Doch Karajan leidet unter chronischen Schmerzen und muss sich ab 1976 mehreren Bandscheibenoperationen unterziehen. Bei Auftritten wie etwa 1985 im Petersdom und zwei Jahre später beim Wiener Neujahrskonzert kann er kaum dirigieren. Herbert von Karajan stirbt am 16. Juli 1989 im Alter von 81 Jahren an akutem Herzversagen in Anif bei Salzburg.

Stand: 16.07.2014

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