Stichtag

28. April 1914 – Klimaanlage zum Patent angemeldet

Willis Haviland Carrier arbeitet für eine Druckerei. Eigentlich ist er ein kühler Kopf. Aber er hat ein Problem mit der schwülen Luft. Das feuchte und heiße Klima nämlich lässt das Papier wellig werden. Deshalb entwickelt Carrier einen "Apparat zur Behandlung von Luft".  Es ist die Mutter aller modernen Klimaanlagen.

Der Grundgedanke dahinter ist ganz einfach: Je wärmer die Luft, desto mehr Feuchtigkeit kann sie tragen. Je kälter der Raum, desto weniger Feuchtigkeit ist in ihm enthalten. Ergo: Je kühler die Druckerei, desto glatter bleibt das Papier.

Nicht zu feucht, nicht zu trocken

Mit seiner Apparatur gelingt es Carrier, den Wassergehalt und die Temperatur der Luft mit Kältemitteln wie Ammoniak und Schwefeldioxid so zu regeln, dass ein behagliches, nicht zu feuchtes, aber auch nicht allzu trockenes Klima entsteht. Im Frühjahr 1914 meldet er seine Klimaanlage zum Patent an und gründet mit der "Carrier Corporation" seine eigene Firma.

Anfangs verkauft Carrier seine Klimaanlagen an Industrieunternehmen. Aber schon bald kommt seine Entwicklung nicht nur den Dingen, sondern auch den Menschen zugute. 1919 eröffnet in Chicago das erste klimatisierte Kino. In New York wird ein Warenhaus mit der Technik ausgestattet. Und kurz darauf kommt das erste Auto mit eingebauter Klimaregelung auf den Markt. 

Das selbstgemachte Weltproblem

In den 40er Jahren gehört die Klimaanlage bereits zum American Way of Life. Wer es geschafft hat, baut sich einen "Apparat zur Behandlung von Luft" in sein Eigenheim ein. Zudem revolutioniert die Erfindung die Architektur US-amerikanischer Metropolen – und später das Wachstum der asiatischen Megacities: Da in den obersten Stockwerken das Öffnen der Fenster zum Lüften extrem schwierig ist, wären Wolkenkratzer wie das Empire State Building ohne Carriers Erfindung gar nicht möglich gewesen.

Aber die Klimaanlage hat auch Schattenseiten: Da die verwendeten Kaltemittel giftig sind, häufen sich in den Anfangsjahren die der Vermarktung Ammonikakunfälle mit teils tötlichem Ausgang. Spätere Sicherheitskältemittel wie Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) wandeln sich im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnis vom Allheilmittel zum Ozonschichtfresser. Die Klimaanlage sorgt für Kühlung – und treibt damit die Temperaturen in die Höhe.

Tsunerari Tukugawa bringt es 2013 beim Weltklimagipfel in Warschau auf den Punkt.  „Wenn wir zu meiner Schulzeit noch 33 Grad Celsius hatten, messen wir heute in Tokio bis zu 40 Grad“, sagt der Präsident des japanischen WWF. "Damals haben wir bei offenem Fenster geschlafen. Heute laufen die Klimaanlagen rund um die Uhr, verbrauchen Strom und steigern die Hitze in der Stadt. Das heißt: Wir produzieren unsere Probleme selbst."

Stand: 28.04.2014

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