Stichtag

25. April 1744 - Tod des Astronomen und Physikers Anders Celsius

"Fahrenheit 451" lautet der Titel eines berühmten utopischen Romans von Ray Bradbury. 451 Grad Fahrenheit ist die Temperatur, bei der sich Papier selbst entzündet. Wäre Bradbury nicht Amerikaner gewesen, hieße seine düstere, bücherfeindliche Zukunftsvision aus dem Jahr 1953 wohl "Celsius 232".

Nur in den USA und wenigen anderen Staaten werden Temperaturen heute noch nach der Skala von Daniel Fahrenheit angegeben. Der Physiker aus Danzig bestimmte um 1710 die tiefste Wintertemperatur in seiner Heimatstadt zum Nullpunkt seines Thermometers. Die restliche Welt aber misst Kälte und Wärme schon lange so, wie es ein schwedischer Zeitgenosse Fahrenheits vorgeschlagen hat – in °Celsius, mit dem Gefrierpunkt von Wasser als Nullwert.

Vermessung des Erdpols in Lappland

Der 1701 in Uppsala geborene Anders Celsius, Spross einer angesehenen Astronomenfamilie, entdeckt früh sein Interesse für die Naturwissenschaften. Mit 28 Jahren veröffentlicht Celsius ein mathematisches Lehrbuch und schreibt seine Doktorarbeit über die Drehbewegungen des Mondes. 1730 ernennt ihn die Universität Uppsala zum Professor der Astronomie und schickt ihn auf die damals übliche "Grand Tour" durch Europa. Celsius soll Kontakte knüpfen, sich über den Stand der Wissenschaften informieren und Instrumente zum Aufbau einer Sternwarte in Uppsala beschaffen.

In Berlin beobachtet der experimentierfreudige und sprachbegabte Freigeist eine partielle Sonnenfinsternis, gibt in Nürnberg eine Schrift über Polarlichter heraus und darf am päpstlichen Observatorium in Rom die Mondhelligkeit untersuchen. 1734 gerät Celsius in Paris in eine hitzige Debatte darüber, ob die Erde an den Polen abgeplattet oder am Äquator schlanker ist. Zur Klärung schickt die Pariser Akademie der Wissenschaften eine Expedition nach Südamerika, um die Längengrade in Äquatornähe zu vermessen. Anders Celsius schlägt auch polnahe Vergleichsmessungen in Nordschweden vor und wird 1736 mit einer Expedition nach Lappland entsendet.

Zwei Jahre Tests mit Wasser

Die Polabflachung kann ein Jahr später bewiesen werden. Doch die mitgeführten Temperatur-Messgeräte erweisen sich als wenig zuverlässig. Mehr als 30 Thermometertypen mit verschiedenen Flüssigkeiten und Bezugspunkten sind damals in Europa gebräuchlich. Verlässlich arbeitet keines. Zurück in Uppsala macht sich Anders Celsius an die Entwicklung eines leicht verwendbaren und überall exakt anzeigenden Thermometers. Als Fixpunkte seiner Skala wählt er den Gefrier- und Siedepunkt von Wasser sowie Quecksilber als Indikatorflüssigkeit. Zwei Jahre lang untersucht Celsius zur genauen Bestimmung der Fixpunkte Wasser aus verschiedenen Quellen und aus Schnee bei unterschiedlichen Luftdrücken.

1742 kann er die Abhandlung über sein Thermometer mit einer 100-Grad-Einteilung veröffentlichen. Dabei legt er, warum ist ungeklärt, den Siedepunkt bei 0 Grad und den Gefrierpunkt bei 100 Grad fest. In kürzester Zeit wird das Celsius-Instrument als "Schwedisches Thermometer" an den meisten Universitäten Europas zum Standard-Messgerät.  Der Erfinder aber kann seinen Ruhm kaum auskosten. Seit der Lappland-Expedition gesundheitlich angeschlagen, stirbt Anders Celsius am 25. April 1744 an Lungentuberkulose. Kurz darauf wird die kopfstehende Celsius-Skala aus Gründen der Zweckmäßigkeit umgekehrt – wahrscheinlich von Anders Celsius' Nachfolgern an der Sternwarte von Uppsala.

Stand: 25.04.2014

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