Portrait von Ahmad Scheich Jassin

Stichtag

22. März 2004 - Ahmad Scheich Yassin stirbt nach einem Angriff

1987 bricht ein Volksaufstand in den besetzten Gebieten Israels aus, die erste Intifada. Das Leben der Palästinenser im Israel der 1980er-Jahre ist trostlos: Sie sehen keinen Ausweg aus Armut und Arbeitslosigkeit. In Gaza gründet eine Gruppe von Muslimbrüdern die Hamas, die Islamische Widerstandsbewegung. Ihr Chefideologe ist Ahmad Scheich Yassin, der immer wieder zum gewalttätigen Widerstand gegen Israel aufruft - und auf Selbstmordattentäter setzt. "An die verbrecherischen Zionisten: Lasst ab von unserem Volk – unseren Städten – unseren Flüchtlingslagern – unseren Dörfern; unser Kampf mit Euch ist ein existenzieller Glaubenskampf!", schreibt er auf einem Flugblatt.

Yassin: "Palästina ist islamisches Stiftungsland"

In ihrem Gründungsdokument greift die Hamas die PLO von Yassir Arafat an. Die Hamas wirft der Palästinenserorganisation Arafats vor, ihr Volk zu verraten – denn die PLO schließt eine Zweistaatenlösung mit Israel nicht aus. Die Islamische Widerstandsbewegung glaubt jedoch daran, dass "Palästina ein islamisches Stiftungsland ist, den muslimischen Generationen bis zum Jüngsten Gericht anvertraut." Es sei nicht rechtmäßig, das Land oder einen Teil davon aufzugeben, schreibt Ahmad Scheich Yassin.

Scheich Yassin steht im Fokus der israelischen Tötungsoperationen

Yassin ist selbst ein Flüchtlingskind. Sein Heimatdorf wurde 1948 von den Israelis zerstört. "Selbst wenn mein Bruder mir mein Haus wegnähme und mich von meinem Land vertriebe, würde ich gegen ihn kämpfen, selbst wenn er die gleiche Religion und dieselben Eltern hätte wie ich", soll er Ende 1990 dem Fernsehsender Al-Majd gesagt haben.

1992 gründen sich die Qassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas. Im Jahr 2000 bricht die zweite Intifada aus. Terror-Anschläge mit vielen Toten erschüttern in den folgenden Jahren Israel, Scheich Yassin steht als geistiger Führer der Hamas dahinter. Israel beginnt, Islamisten-Führer gezielt zu töten. Im Fokus steht bald Ahmad Scheich Yassin, der weiter provoziert. Am 22. März 2004 wird er bei einem Angriff mit drei Hellfire-Raketen in Gaza-Stadt getötet. Tausende Palästinenser begleiten den Trauerzug.

Hamas-Führung gibt sich weniger radikal

Nahost-Expertin Margret Johannsen glaubt nicht, dass die gezielte Tötung von Hamas-Führern Israel mehr Sicherheit gebracht hat. "Sie wurden als tickende Bombe bezeichnet. Damit hat Israel ihre völkerrechtswidrige Liquidierung begründet, aber weitere Anschläge nicht verhindert", sagt Johannsen vom Institut für Friedensforschung in Hamburg. Auch der damalige UNO-Generalsekretär Kofi Annan verurteilt den Angriff. Vor dem UN-Sicherheitsrat wird Israel jedoch nicht verurteilt, weil die USA ein Veto einlegen.

2007 übernimmt die Hamas im Gaza-Streifen die Macht, die besetzten Gebiete sind seitdem gespalten. Mittlerweile gibt sich die Hamas-Führung weniger radikal, doch den bewaffneten Widerstand hält sie noch immer für legitim. Und kaum eine Partei möchte mit ihr verhandeln.

Stand: 22.03.2014

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