Edith Piaf

Stichtag

11. Oktober 1963 - Édith Piaf wird offiziell für tot erklärt

Stand: 11.10.2013, 00:00 Uhr

"Ich gehorche nie. Niemandem." Das sagt Édith Piaf immer, wenn jemand von Alkohol- und Medikamentenentzug spricht, von Diäten und Ruhe. Viele Jahre lang schleppt sich der Chanson-Weltstar von einem spektakulären Zusammenbruch zur nächsten Entziehungskur. Vielleicht hätte sie länger leben können als 47 Jahre. "Aber dann hätte ich dem Publikum nicht geben können, was ich ihm gegeben habe. Wenn ich etwas gebe, dann ganz", sagt Piaf. Und beteuert in ihren zahlreichen lapidaren Interviews, sie würde genau dasselbe Leben noch mal leben wollen.

"Sie war ein Monstrum mit ihrer genialen Begabung"

Sie ist nur 1,47 Meter groß. Aber wenn der Spatz von Paris singt, scheint sie sich jedes Mal die Seele aus dem Leib zu reißen. Undenkbar, dass Édith Piaf anderswo sterben kann, als in der Hauptstadt. In der Nacht vom 10. auf den 11. Oktober 1963 wird sie in einem Krankenwagen aus ihrem Sterbeort in Südfrankreich nach Paris geschafft. Der offizielle Totenschein vermerkt deshalb den 11. Oktober und wunschgemäß Paris. Bei ihrer Beerdigung auf dem Friedhof Père Lachaise stolpern 40.000 Menschen über Grabsteine, erklimmen Bäume, zertreten Blumen. "Édith wurde vom Publikum, vom Volk, sehr geliebt. Sie war wirklich eine große Künstlerin. Aber sie war auch ein Monstrum mit ihrer genialen Begabung. Und auch im Leben war sie ein Monstrum. Sie machte wundervolle Sachen und sie machte schreckliche Sachen, sie war zu allem fähig", sagt der Chanson-Komponist Norbert Glanzberg, der zwei Hits für sie schrieb.

Piaf singt den einfachen Menschen aus der Seele

Édith Piaf kommt 1915 als Kind von Straßenkünstlern zur Welt und singt bald selbst auf der Straße. Ein Kabarettbesitzer holt das 15-jährige Mädchen auf die Bühne, wo es bald ihren Spitznamen erhält: "la môme piaf" - der kleine Spatz.

Mit "Mon légionnaire" hat sie 1937 ihren ersten Plattenerfolg. Sie ist keineswegs die einzige realistische Künstlerin, die den einfachen Menschen mit tragischen Liedern aus der Seele singt. Doch sie schafft sich mit ihrem schlichten schwarzen Kleid und sparsamer Gestik einen eigenen Stil.

In der Nachkriegszeit breitet Édith Piaf bereitwillig ihr Privatleben in der Regenbogenpresse aus - und fördert mit Vorliebe gutaussehende junge Männer mit künstlerischem Talent, wie Charles Aznavour, Gilbert Bécaud oder Yves Montand.

Von Rheuma, Medikamenten und Alkohol entstellt

Der letzte Liebhaber von Édith Piaf ist ein zwanzig Jahre jüngerer griechischer Friseur, den sie "Sarapo" tauft – ich liebe dich, auf griechisch. Wie viele seiner Vorgänger schleppt sie Théo Sarapo vor ein Mikrofon und sogar vor den Traualtar. Von Rheuma, Medikamenten und Alkohol entstellt, kaum noch fähig, ohne Hilfe zu stehen, will Édith Piaf sich mit 46 Jahren noch ein kleines bisschen Leben ertrotzen.

Stand: 11.10.2013

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