Goldene Krone aus Peru (100- bis 700 n.Chr.)

Stichtag

14. September 1988 - Fund des größten Grabschatzes in Amerika wird publik

Heinrich Schliemann nimmt den Dichter Homer beim Wort - und gräbt das antike Troja aus. Howard Carter durchwühlt das Tal der Könige in Ägypten, bis er das Grab des sagenhaften Pharaos Tutanchamun findet. Eine ähnliche Sternstunde der Archäologie erlebt der Museumsdirektor Walter Alva 1987 rund 800 Kilometer nördlich von Perus Hauptstadt Lima.

Bei Sipán, einem Dorf zwischen Anden und Pazifik, ragen Pyramiden bis zu 40 Meter in die Höhe. Die aus Millionen Lehmziegeln errichteten Huacas sind Relikte eines Volks, das ein Jahrtausend vor den Inkas in Peru ansässig war. Etwa 700 Jahre blühte die Moche-Kultur, bis sie im 8. Jahrhundert unterging und nichts als Rätsel hinterließ. Erst Walter Alva gelingt es, ein Tor zur Vergangenheit zu öffnen. An den Huacas findet er das unversehrte Grab eines Moche-Priesterfürsten und darin den größten Goldschatz, der je in der Neuen Welt entdeckt wurde.

Tod eines Grabräubers

Alvas Abenteuer beginnt im Februar 1987 mit einem mitternächtlichen Anruf des Polizeichefs. Aufgeregt berichtet er dem Museumsdirektor, ein Campesino namens Bernal habe in Sipán seinen Schnaps mit offenbar antikem Schmuck aus purem Gold bezahlen wollen. Wie viele arme Landarbeiter der Region verdient sich auch Bernal ein Zubrot als Grabräuber. Alva rast zur Polizei, wo ihm 33 beschlagnahmte Gold- und Keramikstücke vorgelegt werden. "Was wir dann in Bernals Haus fanden", so Alva später, "ließ uns erneut den Atem stocken: Schätze, die aus einem Grab ungeahnter Pracht stammen mussten."

Die Polizei führt eine Razzia in Sipán durch. Es kommt zu einer Schießerei mit den Campesinos, die ihre Fundstücke verteidigen. Dabei wird Bernal von einer Kugel tödlich getroffen. Die sichergestellten Artefakte aber beweisen: Die Mochica waren Meister der Metallverarbeitung, der Keramik- und Goldschmiedekunst. Bislang war nur bekannt, dass die Menschen der Moche-Kultur in ihrer Blütezeit vom 1. bis zum 7. Jahrhundert das dürre Land perfekt bewässern konnten, Fernhandel bis nach Ecuador und Chile betrieben und monumentale, terrassenförmige Pyramiden errichteten. Eine Schrift oder Hieroglyphen kannten sie jedoch nicht.

In Mainz restauriert

Sofort nach dem Tod des unglücklichen Bernal beginnt Walter Alva archäologische Grabungen an den Huacas von Sipán. "Wir arbeiteten fieberhaft und unter ständigem Polizeischutz, denn Dutzende Campesinos durchwühlten inzwischen das Gebiet. Nach fast einem halben Jahr stießen wir auf eine ungeplünderte Grabkammer. Ein unvergesslicher Moment!" Umgeben von unzähligen Schmuckstücken, Kult-Gegenständen und reich bemalten Keramiken ruht, einbalsamiert seit 1.500 Jahren und schier überladen mit edlem Metall, der Leichnam eines Priesterfürsten. Als Alva seinen Fund am 14. September 1988 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert, wird der Moche-Fürst als "Señor de Sipán" weltberühmt.

Zahlreiche Stücke des Schatzes sind allerdings in sehr schlechtem Zustand. Fünf Jahre lang werden sie im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz restauriert. Mit einer großen Schau in der Bonner Bundeskunsthalle stattet Peru 2001 den deutschen Experten seinen Dank ab. Dann tritt das unersetzliche National-Kulturgut seine Heimreise in Walter Alvas Archäologie-Museum in Lambayeque an. Es wird Peru wohl nie wieder verlassen. Viele weitere wertvolle Zeugnisse der Moche-Kultur konnten seither geborgen werden. Und die Grabräuber von früher profitieren nun vom Tourismus, den der "Señor de Sipán" in Gang gebracht hat.

Stand: 14.09.2013

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