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Stichtag

1. Juli 1903 – Gründung der Anstalt für musikalische Aufführungsrechte

Sven Regner regt sich auf. Eigentlich soll er im Bayerischen Rundfunk (BR) 2012 nur kurz über Urheberrechte sprechen, aber dann macht sich der Autor und Sänger der Band "Element of Crime" in einer flammenden Wutrede gegen die kostenlose Downloadmentalität im Internet Luft.

"Das Rumgetrampel darauf, dass wir irgendwie uncool seien, wenn wir darauf beharren, dass wir diese Werke geschaffen haben, ist im Grunde genommen nichts anderes, als dass man uns ins Gesicht pinkelt und sagt: 'Euer Kram ist im Grunde nichts wert, wir wollen das umsonst haben wir wollen damit machen können, was wir wollen, und wir scheißen drauf, was du willst oder nicht'", spricht Regner ins Mikrophon. "Eine Gesellschaft, die so mit ihren Künstlern umgeht, ist nichts wert."

Durchbruch bei Zuckerwasser

Bereits im 19. Jahrhundert sehen das einige Musiker ähnlich. Sie drängt es nach einer Organisation, die dafür sorgt, dass sie bei Aufführung ihrer Werke auch ihr Geld erhalten. Den ersten Schritt macht der französische Komponist Ernest Bourget, der beim Genuss von Zuckerwasser im Pariser Konzerthauscafé "Les Ambassadeurs" 1847 plötzlich seine eigene Musik erkennt. Im so genannten Zuckerwasserprozess setzt Bourget durch, dass seine Werke nur mit seiner ausdrücklichen Zustimmung gespielt werden dürfen. Drei Jahre später entsteht aus dieser Initiative in Frankreich die private Verwertungsgesellschaft "Société des Auteurs, Compositeurs et Éditeurs de Musique" (Sacem). Heute repräsentiert sie rund 110.000 Musiker.

In Deutschland macht sich vor allem der Komponist Richard Strauss für eine derartige Gesellschaft stark. Voraussetzung ist ein 1902 verabschiedetes Gesetz, wonach Musik nur mit Zustimmung des Urhebers öffentlich aufgeführt werden darf. Am 1. Juli 1903 wird die Anstalt für musikalische Aufführungsrechte (Afma) als Organ der Genossenschaft deutscher Tonsetzer gegründet. Sie versteht sich als "Vermittlungsstelle" ohne Geschäftsgewinn. Außer Verwaltungskosten sowie zehn Prozent für die Unterstützung der Genossenschaft sollen alle Einnahmen "bis auf den letzten Pfennig an die bezugsberechtigten Tonsetzer, Textdichter und Verleger verteilt" werden.

Die Gema hat das Monopol

Einfach ist das Unterfangen nicht. Veranstalter drohen mit Boykott, zwei Konkurrenzunternehmen drängen auf den Markt, die Ausbreitung des Grammophons in Privathaushalten macht neue Überlegungen zum Urheberrecht notwendig. 1933 werden die deutschen Musikrechtevereine zur "Staatlich genehmigten Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Urheberrechte" (Stagma) zusammengeführt. 1947 wird die Stagma in "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte" (Gema) umbenannt.

Seit 1966 ist die Arbeit der Gema durch das Urheberrechtswahrnehmungsgesetz endgültig staatlich legitimiert. Bis heute kümmert sie sich um die Nutzungsgebühren für die Werke von Komponisten, Textdichtern und Verlegern. Allein 2012 treibt sie für ihre 67.266 Mitglieder 820,2 Millionen Euro ein. Unumstritten ist der Monopolist dabei nicht. Denn auch für die Werke von Nichtmitgliedern kassiert die Gema ab – ohne das Geld an diese Nichtmitglieder auszuschütten. Und diese Nichtmitglieder wollen, anders als Sven Regner, in Zeiten der kostenlosen Downloadmentalität vielleicht noch nicht einmal, dass Menschen für die Aufführung ihrer Musik bezahlen müssen.

Stand: 01.07.2013

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 1. Juli 2013 ebenfalls an die Gründung der Afma. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.