Dresdner Hauptbahnhof mit teflonbeschichteter Dachkonstruktion (Luftbild)

Stichtag

6. April 1938 - Kunststoff Teflon wird entdeckt

Wenige Chemieprodukte genießen ein so positives Image wie Polytetrafluorethylen (PTFE). Dank Teflon, so der bekannte Markenname, brennt in Töpfen und Pfannen nichts mehr an, gleitet das Bügeleisen sanft über die Wäsche und fällt der Kuchen krümelfrei aus der Backform.

Der vielseitige Anti-Haft-Kunststoff sei ein Nebenprodukt der Raumfahrt, heißt es oft, stimmt aber nicht. Als 1957 der russische Sputnik als erster Satellit die Erde umkreist, brutzeln längst Spiegeleier in Teflonpfannen. Entdeckt wird die ebenso praktische wie pflegeleichte Oberflächenbeschichtung, der selbst große Hitze nicht schadet, durch puren Zufall.

Seltsames weißes Pulver

1938 soll der junge Chemiker Roy Plunkett für das US-Unternehmen DuPont ein neues Kältemittel für Kühlschränke entwickeln. Dazu experimentiert der 27-Jährige mit Tetrafluorethylen, einem teuren Gas, das in flaschenartigen Zylindern auf Trockeneis lagert. Am 6. April 1938 bemerkt Plunkett, dass seine Mitarbeiter am Vorabend einen Zylinder auf dem Labortisch vergessen haben. Das Gas scheint sich verflüchtigt zu haben, doch der Behälter ist nicht leichter geworden. Als Plunkett ihn öffnet, rieselt ein weißes Pulver heraus.

Der Zylinder wird aufgesägt und Plunkett sieht, dass die Innenwand völlig von der seltsamen Substanz bedeckt ist. "Im ersten Moment waren wir uns der Bedeutung nicht im Mindesten bewusst", notiert Plunkett. "Wir haben uns nur geärgert, dass wir das teure Gas verloren hatten." Dem DuPont-Chemiker war die Polymerisation des Tetrafluorethylens gelungen. Die Moleküle des Gases hatten sich zu langen Ketten verbunden und PTFE gebildet. Experimente ergeben, dass kaum etwas an dem neuen Stoff, der DuPont später Milliarden-Gewinne einbringt, haften bleibt. Selbst aggressive Säuren können dem PTFE nichts anhaben.

Teflonpfanne aus Frankreich

Trotz vieler Tests findet Plunkett aber nicht heraus, wie DuPont das aus teurem Gas gewonnene Pulver rentabel nutzen könnte. Als Kältemittel für Kühlschränke ist es jedenfalls völlig unbrauchbar. So verschwindet PTFE im Archiv, bis sich 1943 Experten des Manhattan Projekts, des US-Atombombenprogramms, bei DuPont melden. Sie brauchen dringend eine widerstandsfähige Substanz, um Gefäße zur Uranaufbereitung zu beschichten. Plunketts Pulver erfüllt alle Erwartungen. Mit Beginn der Raumfahrt verwendet dann auch die NASA für Beschichtungen, Dichtungen und Isolierungen aller Art PTFE, das nun den Namen Teflon erhält.

Den Weg in die Küche findet Teflon – wie könnte es anders sein – in Frankreich. 1955 kommen der Chemiker Marc Gregoire und seine Frau auf die Idee, Pfannen und Töpfe mit Teflon zu beschichten. Die Nachfrage ist enorm, so dass Gregoire ein Jahr später die Firma Tefal gründet. In den USA entdeckt Bob Gore 1969, dass Stoffe aus Teflon-Fasern Wasser abweisen, Wasserdampf in Schweiß aber durchlassen. Damit beginnt die Erfolgsstory der Outdoor-Kleidung Gore-Tex. Heute kommt Teflonbeschichtung in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens zum Einsatz: bei Scheibenwischern wie auf dem Dach des neuen Dresdner Hauptbahnhofs, in Schmiermitteln für Fahrradketten und sogar bei Herzklappen oder künstlichen Gelenken.

Stand: 06.04.2013

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