Die Delegationen der Sowjetregierung und der Mittelmächte am Verhandlungstisch 1917 in der weißrussischen Stadt Brest-Litowsk

Stichtag

3. März 1918 - Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk wird unterzeichnet

Seit mehr als drei Jahren tobt in Europa der Erste Weltkrieg: Während die Front im Westen erstarrt ist, sieht die deutsche Oberste Heeresleitung um General Erich Ludendorff im Osten eine günstige Gelegenheit. Nach dem Sturz des Zaren im Februar 1917 könnte ein Separatfrieden mit Russland den Zweifrontenkrieg beenden.

Da von allen russischen Revolutionsführern nur Lenin für ein schnelles Kriegsende eintritt, schleust ihn die deutsche Regierung in einem verplombten Zug aus dem Schweizer Exil zurück nach Russland. Der Plan geht auf: In Russland bricht die staatliche Ordnung zusammen und die russische Armee löst sich auf. Um die Revolution zu retten, bietet die Sowjet-Regierung am 8. November 1917 allen Kriegsparteien Frieden an. Gleichzeitig hofft Lenin, dass sich die Verhandlungen so lange hinziehen, bis es auch in Deutschland zur Revolution kommt. Im Dezember 1917 beginnen in der zerstörten Festung der weißrussischen Stadt Brest-Litowsk Friedensverhandlungen zwischen dem deutschen Kaiserreich und seinen Verbündeten einerseits und der Sowjet-Regierung andererseits.

"Schandfrieden" oder ...

Innerhalb der deutschen Delegation gibt es allerdings Streit über die Verhandlungsziele. Der Reichstag hat im Sommer 1917 Friedensgespräche ohne Gebietsansprüche gefordert, doch in der Obersten Heeresleitung streben General Erich Ludendorff und Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg ein Großdeutsches Reich an. Sie spekulieren dabei auf Rohstoffe wie Kohle und Erze aus dem Osten. Die russische Seite erkennt, dass es keine Chance auf einen Verständigungsfrieden gibt. Doch der sowjetische Delegationsführer Leo Trotzki setzt weiterhin auf Verschleppung. Seine Parole lautet: "weder Krieg noch Frieden".

Weil die Russen weiter auf Zeit spielen, unterzeichnen die Deutschen am 9. Februar 1918 zunächst einen Separatfrieden mit der Ukraine und rücken neun Tage später wieder vor. Ohne Gegenwehr besetzen sie ein riesiges Gebiet von Estland im Norden über Weißrussland und die Ukraine bis nach Rostow am Don. Jetzt lenkt Lenin ein. Im Rat der Volkskommissare fordert er: "Ihr müsst diesen Schandfrieden unterschreiben, um die Weltrevolution zu retten, um ihren einzigen Brückenkopf zu erhalten - die Republik der Sowjets." Am 3. März 1918 unterzeichnen Russland und die Mittelmächte den Friedensvertrag von Brest-Litowsk. Finnland, die baltischen Staaten, Polen und die Ukraine werden unabhängig, später auch Georgien, Armenien und Aserbaidschan.

... "einer der größten Erfolge"?

Russland verliert 50 Millionen Einwohner, ein Viertel seines Territoriums und muss sechs Milliarden Reichsmark Entschädigung zahlen. Kaiser Wilhelm II. ist begeistert: "Dieser Vertrag ist einer der größten Erfolge der Weltgeschichte!" Doch seine Freude hält nicht lange an. Zwar kontrolliert Deutschland nun eine riesige Fläche von Finnland bis zum Kaukasus. Doch die unabhängig gewordenen Staaten können sich nur mit deutscher Hilfe behaupten, deswegen bleiben eine Million deutscher Soldaten im Osten - während im Westen der Vormarsch stecken bleibt.

Spätestens im August 1918 ist der Krieg für die Deutschen verloren. Trotzdem versucht das Kaiserreich noch, die Ostfront zu stabilisieren, indem es mit den in Bedrängnis geratenen Bolschewiki zusammenarbeitet. Die Deutschen schicken Geld und halten Lenin den Rücken frei. Das sichert den Sieg der Bolschewiki. Wilhelm II. aber ist am Ende. Auch in Deutschland hat nun die Revolution begonnen. Der Kaiser muss gehen. Am 9. November 1918 ruft Philipp Scheidemann die Republik aus. Zwei Tage später unterzeichnet die deutsche Delegation im Wald von Compiègne den Waffenstillstand. Der Friedensvertrag von Brest-Litowsk wird sofort annulliert. Er hat nur acht Monate gehalten und gilt bald als der "vergessene Friede". Deutschland ist besiegt und verliert ein Siebtel seines Territoriums. Lenin triumphiert: "Der deutsche Imperialismus ist unter Zurücklassung eines fürchterlichen Gestanks geplatzt!"

Stand: 03.03.2013

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.05 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 3. März 2013 ebenfalls an den Frieden von Brest-Litowsk. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.