Pflichtjahr für junge Frauen in Deutschland eingeführt.

Stichtag

15. Februar 1938 – Pflichtjahr für Mädchen und Frauen eingeführt

Der nationalsozialistische Mensch ist glücklich. So jedenfalls will es die Propaganda-Maschinerie von Joseph Goebbels, seit 1933 "Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda", allen Bürgern vermitteln. Schließlich soll sich beim Aufbau eines nationalsozialistischen Staats jeder Mann einbringen. "Wollen wir uns nicht freuen", heißt es in der NS-Propaganda, "dass wir Kraft in uns fühlen, dass unsere Aufgabe unendlich ist?"

Aber nicht nur Männer will Adolf Hitlers Staat gänzlich für sich vereinnahmen, sondern auch die Frauen: als Mütter zukünftiger Soldaten für die kriegerische Expansion, aber auch als billige und willige Arbeitskräfte. Dabei macht der Nationalsozialismus auch vor den Jugendlichen nicht Halt. "Ihren Pflichten und Aufgaben bewusst, sind sie glückliche Mädel unserer großen Zeit", heißt das im Jargon der Propaganda.

"Einen Soldaten freimachen"

Um keine einzige Volksgenossin beim Dienst fürs Vaterland zu verlieren, führen die Nationalsozialisten am 15. Februar 1938 das sogenannte Pflichtjahr für Mädchen und unverheiratete Frauen unter 25 Jahren ein. Zwölf Monate lang müssen sie für ein symbolisches Gehalt in einem landwirtschaftlichen Betrieb oder in einer kinderreichen Familie Dienst tun. Rund 300.000 "Pflichtjahrsmädel" sind jedes Jahr davon betroffen.

In einer groß angelegten Plakataktion macht der "Bund Deutscher Mädel" (BDM) dabei den jugendlichen Frauen klar: "Auch Du gehörst dem Führer!" Worum es dabei eigentlich geht, ist wohl auch den meisten Mädchen bewusst: Sie arbeite, sagt eine Betroffene in einer Rundfunkreportage vom Herbst 1942 ins Mikrofon, "um durch meinen Einsatz einen Soldaten für die Front freizumachen".

Dem Zwang entfliehen kann dabei niemand. Denn das Pflichtjahr wird in ein Arbeitsbuch eingetragen, das den lückenlosen Lebenslauf dokumentieren soll. Wer kein Pflichtjahr vorzuweisen hat, bekommt auch keinen Ausbildungs- oder Studienplatz.

Vom Bauernhof ans Flakgeschütz

Damit auch die Propaganda nicht zu kurz kommt, organisiert der BDM "Pflichtjahrestreffen", bei denen auch nationalsozialistisches Liedgut erklingt. Oftmals geht bei den betroffenen Frauen die Rechnung auf. "Bei den Wehrmachtshelferinnen zum Beispiel kann man sehen, dass viele aus dem Arbeitsdienst wegrekrutiert wurden", sagt die Historikerin Nicole Kramer. "Und wer in der NS-Frauenschaft war, ist meistens auch in den Reichsluftschutzdienst gegangen".

Am Ende des Zweiten Weltkriegs dann machen auch die "Pflichtjahrsmädel" keinen Soldaten für die Front mehr frei, sondern kommen selbst zum Einsatz: Im Dienst des "Endsiegs" werden sie als Flakhelferinnen eingesetzt.

Stand: 15.02.2013

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