Toni Sailer in Anorak mit Kappe und Skiern lächelt in die Kamera (um 1985)

Stichtag

9. Februar 1958 - Toni Sailer gewinnt seine letzte Ski-WM

Erst zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist für viele Österreicher dieses Kapitel der Geschichte wirklich abgeschlossen. 1955 verlassen die letzten Alliierten die bis dahin in vier Besatzungszonen geteilte Alpenrepublik und Österreich erhält seine politische Souveränität zurück. Ein junger, fescher Naturbursche aus Kitzbühel wird seinen Landsleuten bald jenes Gefühl von "Wir sind wieder wer" bescheren, das die Bundesdeutschen schon 1954 nach dem Fußball-Wunder von Bern beglückt hat.

Gleich bei seinem Debüt im internationalen Skisport steigt der 20-jährige Toni Sailer zum medialen Superstar auf. Als erster Rennläufer überhaupt holt der Tiroler Klempnergeselle bei den Olympischen Winterspielen 1956 mit Siegen im Abfahrtslauf, Spezialslalom und Riesenslalom drei Goldmedaillen. Da die Spiele in Cortina d’Ampezzo auch als Weltmeisterschaft gewertet werden, gewinnt Sailer zudem die WM-Titel sowie in der nichtolympischen Alpinen Kombination.

Geschäftstüchtiger Sunnyboy

Mit flatternder, schwarzer Keilhose, die ihm den Spitznamen "der schwarze Blitz aus Kitz" einbringt, fährt der 1935 geborene Sailer die Konkurrenz in Grund und Boden. Die Abfahrt gewinnt er mit 3,5 Sekunden, den Slalom mit 4,0 Sekunden Vorsprung. Im Riesenslalom ist das Naturtalent zum grenzenlosen Erstaunen der Experten gar 6,2 Sekunden schneller als der Zweitplatzierte. Durch das Fernsehen, das aus Cortina erstmals Olympische Spiele überträgt, wird der blendend aussehende und unbekümmert auftretende Skistar über Nacht Nationalheld - und zum Frauenschwarm.

Trotz seiner Sensationserfolge verliert Sailer nicht die Bodenhaftung. Auch in der folgenden Saison ist der dreifache Olympiasieger mit dem strahlenden Lachen nahezu unbezwingbar. Gleichzeitig beginnt der Sunnyboy Sailer, seinen sportlichen Ruhm mit Rollen in Filmkomödien und als Schlagersänger erfolgreich zu vermarkten. Seine Rennkarriere leidet darunter nicht. Bei der Heim-WM in Bad Gastein 1958 landet Toni Sailer im Slalom zum Entsetzen seiner Landsleute zunächst zwar nur auf Rang zwei. Doch dann siegt er überlegen in Abfahrt und Riesenslalom und gewinnt zusammen mit der Kombination seinen insgesamt siebten Weltmeister-Titel.

Österreichs Sportler des Jahrhunderts

Bereits vor der WM hatten der Internationale Skiverband und das Olympische Komitee Sailers Amateurstatus wegen außersportlicher Aktivitäten angezweifelt. Deshalb zieht der Skistar nun die Konsequenzen. Mit noch nicht einmal 23 Jahren erklärt Toni Sailer seinen Rücktritt vom Rennsport, eröffnet in Kitzbühel eine Pension und konzentriert sich auf seine gewinnbringende Show-Karriere. Nach seinem zweiten Film-Hit "Der schwarze Blitz" nimmt er Schauspielunterricht und steht in über 20 Film- und TV-Produktionen vor der Kamera – nicht selten als charmanter Skilehrer.

Den Kontakt zum Skisport lässt Toni Sailer aber nie abreißen. Als technischer Direktor des Österreichischen Skiverbandes führt er sein Team in den 70er Jahren zu vier Siegen im Nationencup; er übernimmt leitende Funktionen im Internationalen Skiverband, produziert Skier und führt zwei Jahrzehnte lang ein Sommer-Skicamp in Kanada. Was auch immer Sailer anpackt, der Erfolg bleibt ihm treu. 1999 wird der Ehrenbürger von Kitzbühel als Österreichs Sportler des Jahrhunderts ausgezeichnet. Toni Sailer erliegt am 24. August 2009 einem Krebsleiden.

Stand: 09.02.2013

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