23. Februar 2004 - Vor 460 Jahren: Beginn der Wiedertäuferherrschaft in Münster

Gottesstaat in Westfalen

Am 23. Februar 1534 finden in Münster Ratswahlen statt. Die Stadt hat sich seit zwei Jahren Luthers Reformation angeschlossen, der Bischof ist vertrieben. Bei dieser Wahl setzen sich radikalere Reformatoren durch. Sie werden "Wiedertäufer" genannt, weil sie ihre Anhänger erneut taufen. Unter der Führung der selbsternannten Propheten Jan Matthys und Jan van Leiden erreichten sie in der westfälischen Stadt einen "Gottesstaat".Innerhalb weniger Monate eskaliert die Situation: Der Bischof belagert die Stadt mit Landsknechtstruppen. In der Stadt zwingen die Täufer den Bürgern ihren Willen auf. Bücher und Bilder aus den Kirchen werden verbrannt, biblische Gesetze eingeführt. Auf jeden Widerstand steht der Tod. Nachdem Jan Matthys bei Kämpfen vor der Stadtmauer stirbt, lässt sich Jan van Leiden zum König ausrufen. Er führt die Gütergemeinschaft und die Vielehe ein. Selbst heiratet er 16 Frauen. Eine von ihnen köpft er eigenhändig auf dem Marktplatz, weil sie ihn verlassen will.Trotz Hungers halten die Belagerten mehreren Angriffen stand. Erst durch Verrat fällt die Stadt im April 1535 den katholischen Truppen in die Hände. Die Rache ist furchtbar: Hunderte Wiedertäufer werden niedergemetzelt. Jan van Leiden wird monatelang gefoltert und am 22. Januar 1536 hingerichtet. Auf dem Markt von Münster zerfleischt man ihn und zwei weitere Ratsherren bei lebendigem Leibe. Die Leichen werden in Käfigen an der Lamberti-Kirche aufgehängt. Die Käfige hängen bis heute.Stand: 23.02.04