Der erste weibliche Yeomen Warder, Moira Cameron aus Schottland, lächelt bei ihrer Einführung als Beefeater am Tower in London

Stichtag

3. September 2007 – Erste Wachfrau am Tower in London

Beefeater werden sie genannt, Fleischfresser, vermutlich weil sie früher Rindfleisch von der Königstafel als Lohn erhielten. Seit Jahrhunderten bewachen die sogenannten Yeomen Warders Gefangene und Kronjuwelen im Tower von London. Erst waren sie Freibauern, englisch Yeomen, dann aus dem Dienst ausgeschiedene Soldaten. In ihrer Uniform - dunkelblauer Waffenrock mit roten Bordüren und Elizabeth-Emblem auf der Brust, blauer Hut mit roter Rosette – sind sie heute vor allem Museumsführer und Touristenattraktion. Viele Besucher halten die Torwächter für kostümierte Schauspieler. Doch sie sind, wie früher, alle ehemalige Angehörige der britischen Armee: Sie müssen mindestens 22 Jahre aktiven Dienst mit guter Führung hinter sich gebracht und den Dienstgrad eines Sergeant Major erreicht haben. Die ehrenvolle Wache kommt ausschließlich Männern zu – bis die Schottin Moira Cameron am 3. September 2007 ihren Dienst antritt. Obwohl ihr am Tag der Berufung ein Kollege zuraunt, er sei "ganz und gar dagegen", ist es für sie der stolzeste Tag ihres Lebens.

Yeomen Warders müssen marschieren und salutieren können

Moira Cameron sagt: "Selbst jetzt, fünf Jahre später, kommen Leute, schütteln meine Hand und sagen: 'Du bist die erste Frau, das ist fantastisch'. Es gibt natürlich auch die üblichen negativen Kommentare. Aber ich erinnere diejenigen dann daran, dass ich die gleiche Qualifikation habe wie meine männlichen Kollegen." Moira Cameron, 22 Jahre im Dienst der britischen Armee, arbeitet nun als Touristenführerin, Märchenerzählerin und sprechender Wegweiser. "Es ist wichtig, Leute hier zu haben, die die historische Bedeutung des Towers verstehen. Und natürlich muss man auch marschieren können, wegen der Schlüsselzeremonie am Abend. Und man muss auch wissen, wie man salutiert", sagt Cameron über ihre Arbeit. Die Schlüsselzeremonie, die Ceremony of the Keys, findet jeden Abend um sieben Minuten vor 22 Uhr statt: Die Yeoman Warders schließen die Tore. "Halt! Who comes there!?", ruft ein Wachposten. "The Keys ... Queen Elizabeth‘s Keys", erwidert der Chief-Yeomen Warder, die Schlüssel der Königin Elisabeth.

Erst Leibwächter, dann Museumsführer

Die Yeoman Warders bewachen die Tore seit der Tower von London erbaut wurde. "Die Könige, die hier lebten, brauchten Schutz, um sich gegen Angriffe zu schützen. In unserer rot-goldenen Festuniform gibt es uns seit der Zeit Heinrichs des VIII.", erklärt Alan Kingshot, der Chief-Yeoman Warder. Sie waren Leibwache des Königs, Hüter der Kronjuwelen und Wächter der unglückseligen Gefangenen des Towers, die auf den Henker warteten oder auf das Schiff in die Strafkolonie. Nebenbei verdienten sich die Wachmänner etwas Geld, indem sie Besuchern die Kronjuwelen zeigten oder exotische Tiere, die gerade im Tower weilten. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts - der Tower wird nun hauptsächlich als Museum genutzt - führen sie Besuchergruppen durch die Ausstellungen.

Moira Cameron kämpft gegen Mobbing im Tower

Die Königin muss schon lange nicht mehr geschützt werden, und der letzte Gefangene, Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess, hat kurz nach dem Zweiten Weltkrieg den Tower verlassen. Übrig geblieben sind die Touristen und die Kronjuwelen. "Wir müssen uns modernisieren, wir müssen zum Rest der Gesellschaft aufschließen", sagt Alan Kingshot über die Stellung der ersten Wachfrau. Moira Cameron hat sich gegen fünf männliche Bewerber durchgesetzt und sich einen Platz in einer Männerbastion erkämpft. Doch zwei andere Torwächter hetzen gegen die neue Kollegin, sollen ihre Uniform verschandelt und Zettel mit abfälligen Kommentaren in ihrem Spind hinterlassen haben. Die Kollegen werden erst vom Dienst suspendiert und müssen dann gehen. "Es hatte einen bitteren Beigeschmack, als die Anschuldigungen hin und her flogen. Heute reden wir nicht mehr darüber. Das ist passiert, und wir schauen nach vorn", erinnert sich Anführer Alan Kingshot. Moira Cameron steckt ihr Herzblut in die Arbeit. "Es ist ein echtes Privileg, wir sind nur wenige, 37. Es ist ein großartiger Job, all die Menschen zu treffen, die den Tower besuchen und Fragen stellen. Wir sind dafür da, ihren Besuch so schön wie möglich zu machen."

Stand: 03.09.2012