Totale des Auditorium Maximum der Ruhr-Universität Bochum

Stichtag

2. Juli 1962 - Grundsteinlegung zur Ruhr-Universität Bochum

Was haben Radio-Reporter "Manni" Breuckmann und Bischöfin Margot Käßmann, Sänger Herbert Grönemeyer und Bundestagspräsident Norbert Lammert gemeinsam? Sie alle studierten an der Ruhr-Universität (RUB) in Bochum, der ersten Uni-Neugründung der Bundesrepublik. An alterwürdige Hochschulen wie in Tübingen, Freiburg oder Heidelberg erinnert dort nichts. Mit ihren gleichförmigen Hochbauten aus Beton, Stahl und Glas ist die RUB in Bochum-Querenburg eine am Reißbrett entworfene Bildungsfabrik.

Vor 50 Jahren prägen noch Zechen und Hochöfen das Bild des Ruhrgebiets. Rund 60 Prozent der Menschen im Revier gehen "auf Maloche". "Seit Kaiser Wilhelms Zeiten galt, im Ruhrgebiet keine Universitäten und Kasernen zu gründen", weiß Hans Stallmann, Koordinator der 2007 gegründeten Universitätsallianz Metropole Ruhr. Sie wurden als Brutstätten von Agitation und Unruhen gefürchtet. Doch nach der Gründung der Bundesrepublik heißt die Devise für Europas größtes Industriezentrum: Bildung statt Bergbau, Arbeiterkinder an die Universitäten. So beschließt der Landtag Nordrhein-Westfalens Ende der 1950er Jahre den Bau einer Hochschule im Ruhrgebiet.

Studieren auf einer Großbaustelle

Anfangs gilt Dortmund als sicherer Standort-Favorit, doch auch Bochum kämpft um die neue Bildungsstätte. Monatelang liefern sich CDU-Regierung und SPD-Opposition im Landtag sowie die Bürger der beiden Nachbarstädte einen erbitterten Streit. 1961 schließlich fällt in Düsseldorf mit 102 zu 87 Stimmen die Entscheidung zu Gunsten Bochums. In Querenburg, sechs Kilometer von der Innenstadt entfernt, regnet es in Strömen, als CDU-Ministerpräsident Franz Meyers am 2. Juli 1962 tropfnass zu Marschmusik einer Bergmannskapelle den Grundstein zum ersten Gebäude legt, einem Studenten-Wohnheim.

Auf einer Fläche, so groß wie 690 Fußballplätze, wächst ab Januar 1964 aus Beton-Fertigteilen die neue Hochschule mit 13 neungeschossigen Gebäudequadern. "Sie erscheint als wohl nummeriertes Labyrinth", beschreibt ein WDR-Reporter das Uni-Gelände. "Buchstaben und Zahlen muten wie chemische Formeln an. Sie weisen den Weg in vorläufige Ebenen und Bereiche der Großbauten." Zum Sommersemester 1965 schreiben sich die ersten Studenten auf der Baustelle Ruhr-Uni ein. Bis zur endgültigen Fertigstellung, mit Audimax, Bibliothek, Campus und Mensa, vergehen noch zehn Jahre.

"Apathische Alma Mater"

Mitte der 70er Jahre hagelt es Kritik an der Betonwüsten-Architektur der RUB. "Festgefroren auf der grünen Woge der Ruhrberge droht die Ruhr-Universität BO – die Instruktionsmaschine", schreibt etwa "'Die Zeit". "Die apathische Alma Mater…, 13 Gebäude mit Balkons, die niemand betritt. Fenster, die niemand wäscht, Professoren, die niemand kennt…, 19.600 Studenten, die niemand tröstet." Als der "Stern" auch noch berichtet, die Zahl der Studenten, die sich in Bochum das Leben nehmen, läge weit über dem Bundesdurchschnitt, erhält die RUB den Ruf der "Selbstmord-Uni".

Verschwiegen wird damals allerdings, dass keine andere deutsche Hochschule Daten über Suizide von Studenten erhebt oder gar veröffentlicht. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Der Ruhr-Universität hat die üble Nachrede nicht geschadet. Nach umfangreichen und noch andauernden Sanierungen zählt sie 2012 mit rund 37.000 Studierenden zu den zehn größten und forschungsstärksten Hochschulen Deutschlands.

Stand: 02.07.2012

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