Der DRK-Suchdienst legte vom 16.01.1962 bis zum 27.01.1962 im Rathaus von Neukölln in Berlin die neuen Bildlisten mit Fotos von Vermissten aus

Stichtag

30. Juli 1947 - Suchdienst-Verbindungsstelle in Berlin gegründet

Am Ende des Zweiten Weltkriegs sind Millionen Deutsche auf der Suche nach Angehörigen. Das Chaos nach Flucht, Vertreibung und Bombenangriffen ist unüberschaubar. An Litfaßsäulen, Hausmauern und Straßenschildern hängen handgeschriebene Zettel, manchmal mit Foto: "Gesucht wird" oder "Familie lebt". Im Rundfunk werden immer wieder Suchmeldungen gesendet: "Hier sind der RIAS Berlin und der NWDR. Gesucht werden Mutter und Geschwister von Erika Neumann, Königsberg in Ostpreußen. Sie haben sich während des Evakuierungstrecks verloren."

Noch in den letzten Kriegstagen haben im Frühjahr 1945 zwei Wehrmachts-Offiziere und NSDAP-Mitglieder ohne offiziellen Auftrag einen ersten Suchdienst gegründet: Der Soziologie-Professor Helmut Schelsky und der Mathematiker Kurt Wagner, die beide an der Ostfront gekämpft haben, gelangen auf ihrem Rückzug über die Ostsee nach Flensburg. Im dortigen Hafen kommen nicht nur versprengte Wehrmachtsangehörige, sondern auch viele Flüchtlinge an. Ihnen verspricht Schelsky: "Wir sorgen dafür, wenn es den, den ihr sucht, überhaupt noch irgendwo gibt, werden wir euch das bald sagen können." Mit Hilfe von Listen registrierter Flüchtlinge richten sie eine Dienststelle sein. Ihre Bezeichnung lautet: "Deutsches Rotes Kreuz, Flüchtlingshilfswerk, Ermittlungsdienst, Zentral-Suchkartei".

Flensburger Modell als Vorbild

Schelsky und Wagner entwickeln das sogenannte Kartei-Begegnungs-Verfahren. Sie gehen davon aus, dass jeder Suchende auch seinerseits ein Gesuchter ist. Deshalb werden für jeden Fall zwei Karteikarten ausgefüllt und separat abgeheftet. Auf der einen - der Stammkarte - werden die Personalien und die Anschrift des Suchenden notiert; auf der anderen - der Suchkarte - alle Angaben über die Gesuchten. Trifft nun beim Einsortieren der Karteikarten eine Such- auf die passende Stammkarte, ist die "Begegnung" vollzogen.

Nach der deutschen Kapitulation wird das Flensburger Modell in ganz Deutschland nachgeahmt. Zahlreiche Ableger entstehen. Die Wochenschau meldet schließlich: "Das Rote Kreuz und andere karitative Verbände haben eine zentrale Suchkartei mit Büros in Hamburg und München eingerichtet." In der Hamburger Hauptstelle, die aus der Flensburger Stelle hervorgegangen ist, kümmert man sich um die verschollene Zivilbevölkerung, während die zweite Hauptstelle in München nach ehemaligen Soldaten forscht. In München befindet sich auch die zentrale Namenskartei der Suchenden und Gesuchten.

Über 17 Millionen Menschen zusammengeführt

Eine besonders schwierige Situation herrscht in Berlin. Da sich die Besatzungsmächte nicht auf einen Suchdienst in der Vier-Sektoren-Stadt einigen können, gibt es zwei Suchdienste - einen im amerikanischen Sektor, den anderen im sowjetischen. Um die Arbeit besser koordinieren zu können, wird deshalb am 30. Juli 1947 in Berlin-Dahlem eine sogenannte Suchdienst-Verbindungsstelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) gegründet.

Seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im Herbst 1949 wird die Arbeit des DRK-Suchdienstes vom Innenministerium finanziert. Der Suchdienst wird in München zentralisiert. Im Februar 1950 erscheint erstmalig die "Suchdienst-Zeitung", die fast 30 Jahre lang monatlich erscheint. Ab 1957 werden die ersten Bildbände erstellt, die den Heimkehrern vorgelegt werden. Mitte der 1960er Jahre werden noch Monat für Monat rund 80 Fälle geklärt. Mehr als 17 Millionen Menschen sind über den Suchdienst wieder zusammengebracht worden. Noch etwa 1,2 Millionen Verschollenen-Schicksale aus dem Zweiten Weltkrieg sind bisher ungeklärt. Doch der kostenlose DRK-Suchdienst besteht weiter. Die Suche nach Vermissten aus dem Zweiten Weltkrieg ist allerdings nur noch ein kleiner Teil seiner Arbeit. Wenn irgendwo auf der Welt Menschen durch Kriege oder Katastrophen getrennt werden, steht der Suchdienst ihnen zur Seite.

Stand: 30.07.2012

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