Wien: UNO-Konferenz über Probleme des Alterns

Stichtag

26. Juli 1982 - UNO-Konferenz zu Problemen des Alterns beginnt

Forschung, medizinischer Fortschritt, verbesserte Lebensbedingungen: In den 1980er Jahren wird deutlich, dass die Menschen bis zu 30 Jahre länger leben als noch zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Durchschnittsalter steigt. Nach damaligen Prognosen werden die über 60-Jährigen die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe sein. Von 1950 bis 2025 soll sich ihre Zahl demnach verfünffachen, während sich die Weltbevölkerung im selben Zeitraum nur verdreifacht. In den sogenannten Entwicklungsländern wächst angeblich mit einer Versiebenfachung die Zahl derer, die alt werden, sogar noch schneller als in den Industrieländern.

Diese Hochrechnungen veranlassen die UNO dazu, ihre erste Konferenz über die Probleme des Alterns zu veranstalten. Es geht dabei aber nicht um den Alterungsprozess des menschlichen Organismus, sondern um den Alterungsprozess der Menschheit insgesamt und die Konsequenzen, die sich daraus ergeben. Am 26. Juli 1982 beginnt in der Wiener Hofburg die bis zum 6. August dauernde Versammlung. Daran nehmen etwa 1.200 Delegierte aus 120 Ländern teil. Ihr Ziel ist die Ausarbeitung eines internationalen Aktionsprogramms, das die soziale und wirtschaftliche Sicherheit der älteren Menschen garantieren soll.

Mit den Menschenrechten in Einklang bringen

"Jeder Mensch soll in Würde altern können", ist die Quintessenz des "Wiener Aktionsplans zu Fragen des Alterns". Er wird 2002 durch den "Aktionsplan von Madrid" abgelöst, der deutlich weiter geht: "Unsere Aufgabe ist es, Fragen und Antworten mit sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung sowie mit den Menschenrechten in Einklang zu bringen." Jedes Land soll deshalb seine gesamte Politik daraufhin ausrichten, dass sie alternde Menschen unterstützt.

Deutschland hat den "Madrider Aktionsplan für das Altern" mitunterzeichnet. Die Pflegeversicherung ist ein Modell, das die Weltgesundheitsorganisation, die WHO, auch anderen Staaten empfiehlt. Denn die Entwicklung geht in die vorausberechnete Richtung weiter: Im Jahr 2015 wird etwa jeder zehnte Mensch über 60 Jahre alt sein, im Jahr 2050 schon jeder dritte. Anders ausgedrückt: Jedes zweite Mädchen, das heute in Deutschland geboren wird, kann theoretisch 100 Jahre alt werden. Realistisch scheint auch, dass sie davon mindestens 85 Jahre lang gesund ist. Auch Jungen werden voraussichtlich fast so alt wie Mädchen.

Bis zum 80. Geburtstag arbeiten?

John Beard, Direktor für Altern und Lebenszeit bei der WHO, plädiert deshalb dafür, ein neues Bild des Alters zu entwickeln, ein neues Konzept für das ganze Leben: "Wir leben länger und denken, dass wir länger alt sind. Warum rechnen wir die gewonnenen Jahre nicht der Lebensmitte zu oder schieben kleine Häppchen davon in mehrere Lebensphasen?" Die Arbeitsjahre unterbrechen, Familienzeiten nehmen und mit 40 Jahren noch einmal einen Beruf lernen, den man bis 80 ausüben kann - so stellt sich Beard die Lebensläufe der Zukunft vor.

Die Altersforschung stützt diese Sicht: "Bisher hat man gedacht, dass berufliche Produktivität mit dem kalendarischen Alter abnimmt", sagt Ursula Staudinger, Psychologin und Leiterin der Forschungsstelle für Langlebigkeit an der Jacobs-University-Bremen. "Dafür haben sich aber keine empirischen Nachweise finden lassen, eindeutiger Art." Beard hält deshalb auch das strikt festgesetzte Rentenalter für veraltet: "Das ist eine furchtbare Verschwendung von menschlicher Lebensenergie." Arbeit im Alter soll nach seiner Vorstellung kürzer und flexibler sein. Die UNO fordert inzwischen, dass sämtliche Felder der Politik - vor allem bei Gesundheit, Arbeitsmarkt und Städtebau - daraufhin überprüft werden, ob sie Menschen im Alter dienen.

Stand: 26.07.2012

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