Ausstellung über Alan Turing

Stichtag

23. Juni 1912 – Geburtstag von Alan Mathison Turing

Im Alter von zehn Jahren liest Alan Mathison Turing das Buch "Naturwunder, die jedes Kind kennen sollte". Ein Gedanke fasziniert ihn darin ganz besonders. "Natürlich ist der Körper eine Maschine", steht darin zu lesen. "Er ist eine unermesslich komplexe Maschine, viele, viele Male komplizierter als jede mit den Händen hergestellte Maschine, aber dennoch eine Maschine". Turing denkt den Gedanken weiter. Wenn der Körper eine Maschine ist – wäre dann das Gehirn nicht ein Maschinenteil, das diesen für ganz unterschiedliche Funktionen steuert?

Der Gedanke führt den Mathematiker 1936 zu seiner Idee der Universalmaschine, die nicht wie bisherige Maschinen für einzelne Aufgaben gebaut ist, sondern dank jeweils für spezielle Zwecke geschriebener Anwendungen alle lösbaren mathematischen Probleme auch lösen kann: Die theoretische Grundlage des software-basierten Computers ist formuliert.

Mit Logik gegen Hitlers Wahnsinn

Geboren wir Turing am 23. Juni 1912 in London. Nach unglücklichen Schuljahren besucht er ein Internat und wird sich dort mit 14 Jahren seiner Homosexualität bewusst. 1931 beginnt er, mit einem Stipendium am renommierten King’s College in Cambridge Mathematik zu studieren. Hier macht er durch sein exzentrisches Verhalten – so hält er seine Hosenbeine beim Fahrradfahren mit Bindfäden hoch oder streift sich gegen Heuschnupfen eine Gasmaske über – ebenso auf sich aufmerksam wie durch die Lösung komplizierter logischer Probleme.

1938 stellt Turing seine Fähigkeiten in den Dienst des britischen Staats. Im Zweiten Weltkrieg wird er mit einem Team aus Mathematikern, Linguisten und Schachmeistern dazu eingesetzt, die Botschaften der deutschen Chiffriermaschine "Enigma" zu entschlüsseln. Dank seines Grundsatzes, dass jede maschinell verschlüsselte Botschaft durch eine andere Maschine auch wieder entschlüsselt werden kann, gelingt ihm, was als unmöglich gilt - und beeinflusst er nicht unerheblich den Kriegsverlauf.

Sterben wie Schneewittchen

Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkt Turing im National Physical Laboratory in Teddington mit an einer "Automatic Computing Engine"; 1949 erarbeitet er an der Universität von Manchester die Software für den ersten echten Computer "Manchester Mark I". Im Grunde geht es ihm dabei aber weniger um die Lösung von Rechenproblemen, als vielmehr darum, die Struktur des menschlichen Gehirns nachzubauen.

In den 50er Jahren beginnt Turing eine Affäre mit einem Mann. Als dessen Komplize ihn ausraubt, geht er zur Polizei – und gesteht dabei auch die Liebschaft. In Großbritannien aber steht Homosexualität unter Strafe: Turing muss eine chemische Kastration mit einer Östrogenkur über sich ergehen lassen. Noch schlimmer aber trifft ihn das Misstrauen und die Verdächtigungen, die ihn als Sicherheitsrisiko im Kalten Krieg darstellen.

Im Juni 1954 wird Alan Turing tot in seinem Bett aufgefunden. Der große Bewunderer von Walt Disneys Film "Schneewittchen" stirbt an einem Apfel, der mit Zyankali vergiftet ist.

Stand: 23.06.2012

Programmtipps:

Auf WDR 2 können Sie den Stichtag immer gegen 9.40 Uhr hören. Wiederholung: von Montag bis Freitag gegen 17.40 Uhr und am Samstag um 18.40 Uhr. Der Stichtag ist nach der Ausstrahlung als Podcast abrufbar.

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