"Star-Club" bei Nacht von außen (Foto 1962)

Stichtag

13. April 1962 - Eröffnung des Star-Clubs in Hamburg

In einem klapprigen Austin-Transporter kommen 1960 fünf junge Musiker aus Liverpool in St. Pauli an. Wie viele neue englische Bands wollen sie in Hamburgs wildem, beatverrücktem Rotlichtviertel Auftrittserfahrungen sammeln und Geld verdienen. Sie nennen sich The Beatles und sorgen in Lokalen wie dem Strip-Schuppen Indra, im Kaiserhof und im Top Ten für Furore. Dort begegnen sie einem umtriebigen Rausschmeißer namens Horst Fascher.

Der Ex-Boxer träumt davon, selbst einen angesagten Musik-Club zu eröffnen. In dem Erotik-Unternehmer Manfred Weissleder findet Fascher einen Verbündeten. 1962 beschließen sie, das Stern-Kino in der Großen Freiheit 39 zum Star-Club umzubauen. Der Name soll Programm sein, deshalb will Weissleder zur Eröffnung unbedingt die Beatles haben, die zwei Jahre nach ihrem Hamburg-Debüt als heißeste Newcomer gelten. Fascher fliegt nach Liverpool, schachert mit Beatles-Manager Brian Epstein und engagiert die Gruppe für 500 Mark pro Mann und Woche.

Weissleder kriegt sie alle

Binnen drei Monaten wird das Stern-Kino zum Musik-Club umgebaut und Geschäftsführer Fascher kleistert Hamburg mit orangefarbenen Plakaten zu, die verkünden: "Die Not hat ein Ende! Die Zeit der Dorfmusik ist vorbei!" Zur Eröffnung am Freitag, dem 13. April 1962, stürmen mehr als 1.000 Beatfans den Star-Club, der eigentlich nur 500 Besucher fasst. Bis zum frühen Morgen heizen ihnen drei Bands und als Top-Act die Beatles ein. Am 31. Mai endet ihr erstes Gastspiel im Star-Club, bei dem sie bis zu vier Mal pro Nacht auf die Bühne müssen.

Bald reißen sich selbst Stars aus England und den USA um ein Engagement im Star-Club. Little Richard, Jerry Lee Lewis und Ray Charles, Chuck Berry, Bill Haley und Fats Domino – Manfred Weissleder kriegt sie alle. "Die baten alle um Nachweise, dass sie bei uns gespielt hatten", erzählt er später stolz. "Wir hatten eine Spritzschablone, mit denen wir das Star-Club-Zeichen auf ihre Instrumentenkoffer gesprüht haben. Das haben die noch vor der Gage verlangt." Auch für deutsche Bands wie The Rattles und The Lords wird der Star-Club zur Karriere-Startrampe.

Jimi Hendrix und danach der Abstieg

Im November 1962 gastieren die Beatles, die im Vorjahr noch als Begleitband von Tony Sheridan durch Hamburg tingelten, erneut für 14 Tage im Star-Club. George Harrison bekennt später: "Für mich ist ganz sicher, dass wir unseren musikalischen Höhepunkt als Live-Band in Hamburg erreicht haben." Dabei geht es in dem spartanisch eingerichteten Star-Club heiß her, Schlägereien sind an der Tagesordnung. Trotzdem schwärmt die Fotografin Astrid Kirchherr, damals wie heute eine enge Freundin der Beatles, von der "unglaublich guten Atmosphäre". Mit dem letzten Beatles-Gastspiel in Hamburg vom 18. bis 31. Dezember geht das aufregende Premierenjahr des Star-Clubs zu Ende.

Während die "Fab Four" mit "Love me do" ihren internationalen Durchbruch erleben, geben sich bei Weissleder und Fascher neue Stars die Klinke in die Hand. Small Faces, Spencer Davis Group, Animals, Walker Brothers, Manfred Mann, Cream - die Liste ist beinahe endlos. Mit dem Auftritt von Jimi Hendrix erlebt der Star-Club 1967 seinen letzten Höhepunkt, dann beginnt der Abstieg. Nun boomen Discotheken und Manfred Weissleder kann die enormen Gagen der Topgruppen nicht mehr bezahlen. Nach sieben Jahren gehen am Silvesterabend 1969 die Lichter des Star-Clubs endgültig aus und ein Sex-Theater zieht ein. Nach einem Brand 1987 wird das Gebäude an der Großen Freiheit abgerissen. Nur ein Gedenkstein im Hinterhof erinnert heute noch an Deutschlands bekanntesten Beat-Schuppen.

Stand: 13.04.2012

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