Heinz Kühn (SPD), NRW-Ministerpräsident von 1966 - 1978

Stichtag

18. Februar 1912 - Heinz Kühn wird geboren

In seinem Abituraufsatz schreibt der spätere NRW-Ministerpräsident Heinz Kühn 1931: "Ich möchte Reichstagsabgeordneter und Chefredakteur der 'Rheinischen Zeitung' werden." Zwei Jahre später gibt es den frei gewählten Reichstag nicht mehr und der 21-jährige Sozialdemokrat steht auf der Fahndungsliste der Nazis. "Ich musste in die Illegalität untertauchen und Deutschland verlassen", sagt Kühn rückblickend. Er schließt sich zunächst in der Tschechoslowakei und dann in Belgien dem Widerstand an. In Brüssel gibt er eine antinazistische Zeitschrift heraus.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommt Kühn zurück in seine Heimatstadt Köln, wo er am 18. Februar 1912 geboren wurde. Der Sohn eines "gewerkschaftlich organisierten Sozialdemokraten" und einer "gut katholischen Bürgersfrau" ist inzwischen verheirateter Familienvater. Kühn arbeitet als Journalist und erfüllt sich 1949 seinen Jugendtraum: Er wird tatsächlich Chefredakteur der "Rheinischen Zeitung". "Das zweite große Ziel von ihm war, wieder in der SPD Fuß zu fassen und das gelang ihm auch ganz rasch", sagt sein Biograf, der Kölner Geschichtsprofessor Dieter Düding. Kühn, der 1930 in die SPD eingetreten ist, gilt als intelligent, ehrgeizig und politisch unbelastet. Eine steile Parteikarriere steht im bevor.

Zwölf Jahre lang im Amt

Kühn zieht für die SPD erst in den Düsseldorfer Landtag, dann 1953 in den Bundestag ein. Sein Ziel ist eine Parteireform. "Er wollte aus der Arbeiterpartei, die letzte Wahrheiten vertrat, eine werteorientierte linke Volkspartei machen", so Historiker Düding. Kühn arbeitet am Godesberger Programm mit, das 1959 verabschiedet wird. Als die SPD in NRW keinen geeigneten Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 1962 findet, spricht Herbert Wehner ein Machtwort: "Der Kühn muss das machen." Seine Zukunft sieht Kühn damals eigentlich in der Bundespolitik und kehrt nur widerstrebend zurück. Vier Jahre später wird er NRW-Ministerpräsident und bildet zusammen mit der FDP eine sozialliberale Koalition. Schon 1956 hatten die Sozialdemokraten mit Fritz Steinhoff für zwei Jahre den Ministerpräsidenten in Düsseldorf gestellt, aber jetzt war es mehr als ein politisches Intermezzo. Die SPD sollte in den kommenden 39 Jahren an der Macht bleiben.

Kühn steht vor großen Herausforderungen. Im Ruhrgebiet werden Zechen geschlossen, weil Heizöl die heimische Kohle als Energieträger verdrängt. Die Gründung der "Ruhrkohle AG", die Kühn stets forderte, beendet das unkontrollierte Zechensterben. Das zählt zu Kühns Erfolgsbilanz ebenso wie die Bildungsreform, die Chancengleichheit anstrebt. Kühn ist 1969 mit seiner Regierung auch Vorbild für den sozialliberalen Machtwechsel im Bund durch Willy Brandt. Kühn bleibt zwölf Jahre lang Ministerpräsident in NRW, dann zwingt ihn 1978 die Partei zum Rücktritt. Er ist herzkrank und politisch geschwächt durch eine Kreditaffäre bei der Westdeutschen Landesbank. Dennoch stimmt er nur widerwillig seiner Ablösung zu.

Erster Ausländerbeauftragter

Kühn leidet unter dem Machtverlust und fühlt sich mit 66 Jahren zu jung für den Ruhestand. Kanzler Helmut Schmidt (SPD) macht ihn zum ersten Ausländerbeauftragten der Bundesrepublik. Als Mitglied des Europa-Parlaments bleibt er von 1979 bis 1984 weiterhin politisch aktiv. Bereits 1983 hat Kühn zudem den Vorsitz der Friedrich-Ebert-Stiftung übernommen, die er bis 1987 leitet. Mit Abstand blickt er versöhnt auf seine Zeit als Ministerpräsident und sagt über seine Amtsführung: "Wenn ich eine neue Idee brauchte, hab ich die Rheinländer befragt; wenn ich sie realisieren wollte, habe ich die Westfalen zu Hilfe geholt."

Ende der 1980er Jahre zieht sich der schwer kranke Sozialdemokrat aus der Öffentlichkeit zurück. Heinz Kühn stirbt am 12. März 1992 in Köln an den Spätfolgen eines Schlaganfalles. Den Ablauf der Trauerfeierlichkeiten hatte er in seinem Testament festgelegt und als Trauerredner seinen Nachfolger Johannes Rau und seinen Freund Willy Brandt ausgewählt.

Stand: 18.02.2012

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