Robert H. Jackson, US-Chefankläger in den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen (Aufnahme von 1946)

Stichtag

13. Februar 1892 - Robert H. Jackson wird geboren

Die vier Anklagepunkte lauten: Verbrechen gegen den Frieden und die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Verschwörung. Sechs Monate nach dem Zweiten Weltkrieg wird 24 einstigen Nazi-Größen der Prozess gemacht - darunter Hermann Göring und Albert Speer. Das Internationale Militärgericht tagt im einstigen Nürnberger Justizpalast. Dort verliest am 21. November 1945, dem zweiten von insgesamt 218 Verhandlungstagen, der amerikanische Chefankläger Robert H. Jackson sein Eingangsplädoyer: "Die Untaten, die wir verurteilen und bestrafen wollen, waren so ausgeklügelt, so bösartig und verheerend, dass die zivilisierte Welt sie nicht ignorieren kann, weil sie ihre Wiederholung nicht überleben würde."

Nicht die Alliierten säßen zu Gericht, erklärt Jackson, sondern die Zivilisation. Er will mit dem Prozess in Nürnberg die Welt neu ordnen: nach den Grundsätzen des Rechts. Der Mann, der davon träumt, Frieden durch Recht zu schaffen, wird am 13. Februar 1892 in Spring Creek im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren. Nach der High-School will Robert Honghrout Jackson, statt die Familienfarm zu übernehmen, Anwalt werden. Weil sich der Vater weigert, ihn finanziell zu unterstützen, kann Jackson nur ein paar Abendkurse belegen. Sein juristisches Wissen erwirbt er vor allem als Praktikant in diversen Anwaltsbüros. Mit 21 Jahren eröffnet er eine Kleinstadtkanzlei. 1934 gelingt ihm der Karrieresprung nach Washington, wo er im Finanz- und später im Justizministerium arbeitet - auch ohne akademischen Grad. Sieben Jahre darauf wird er an den Obersten Gerichtshof der USA berufen.

Keine Siegerjustiz

Am 2. Mai 1945, wenige Tage bevor Deutschland kapituliert, ernennt US-Präsident Harry S. Truman Jackson zum Hauptankläger von Nürnberg. Der britische Premier Winston Churchill wollte alle verhafteten Nazi-Größen sofort erschießen lassen und der sowjetische Diktator Stalin einen Schauprozess. Dagegen hat Truman sich durchgesetzt: Er will keine Siegerjustiz, sondern ein ordentliches rechtsstaatliches Verfahren.

Jackson erklärt diesen Grundsatz in seiner ersten Rede vor dem Tribunal zum Motto von Nürnberg: "Dass vier große Nationen - erfüllt von ihrem Sieg und gepeinigt vom Unrecht - nicht Rache üben, sondern freiwillig ihre gefangenen Feinde dem Gesetz übergeben, ist eines der größten Zugeständnisse, das die Macht jemals der Vernunft eingeräumt hat." Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass politische Verantwortliche strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Jacksons Vermächtnis

In seiner fast fünfstündigen Rede betont Jackson: "Dieses Gesetz hier wird zwar zunächst auf deutsche Angreifer verwandt. Es schließt aber ein und muss, wenn es von Nutzen sein soll, den Angriff jeder anderen Nation verdammen, nicht ausgenommen die, die hier zu Gericht sitzen." Eine Forderung, die später nicht eingelöst worden sei, sagt Gerd Hankel vom Hamburger Institut für Sozialforschung. Nach Nürnberg habe es den Kalten Krieg und Stellvertreterkriege in Asien und Afrika gegeben. Die dabei begangenen Verbrechen seien aber nicht geahndet worden. "Es gab keine strafrechtliche Verfolgung der Drahtzieher im Lager der damaligen Supermächte", so Hankel.

Erst nach der Auflösung des Ost-West-Gegensatzes wird das Anliegen von Jackson, der am 9. Oktober 1954 in Washington gestorben ist, in Ansätzen Realität: Seit 2002/2003 gibt es in Den Haag den Internationalen Gerichtshof für Verbrechen gegen das Völkerrecht. Das Vermächtnis Jacksons sei damit aber noch nicht vollständig umgesetzt: "Die Amerikaner, die 1945 die Speerspitze gebildet haben, was eine strafrechtliche Haftbarmachung der NS-Täter anbelangt - gerade sie sind gegen das Gericht", sagt Hankel. Denn die USA fürchteten eine Einschränkung ihrer staatlichen Souveränität.

Stand: 13.02.2012

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