Orkan Kyrill tobt über Europa

Stichtag

18. Januar 2007 - Orkan Kyrill tobt über Deutschland

Franz-Josef Heimes ist Waldbauer aus Grafschaft im Sauerland. Ein Drittel ihres Einkommens bezieht seine Familie aus dem Holzverkauf. Als Heimes am Morgen des 19. Januar 2007 gemeinsam mit seinem Vater Franz seinen Besitz inspizieren will, bietet sich ihm ein Bild des Schreckens. Tiefe Schneisen hat Orkan "Kyrill" in den Bestand gegraben, ganze Fichtenbestände sind wie Mikadostäbe umgeknickt. Der Wald der Familie Heimes ist praktisch nicht mehr existent.

"Wir haben 75 Prozent des Holzvorrats verloren", resümiert der 80-jährige Franz Heimes. "Das, was wir in 18 Jahren eingeschlagen haben, ist in drei Stunden zu Boden gegangen."

4,7 Milliarden Euro  Schaden

"Kyrill" bildet sich im Januar 2007 über dem Atlantik: im Grunde ein typischer Wintersturm, der durch die gewaltigen Temperaturunterschiede zwischen den Subtropen und den Polargebieten entsteht. Zunächst trifft er auf die Küste Großbritanniens und rast mit 160 Stundenkilometern über die Insel, um sich dann über Holland auszutoben. Meterhohe Wellen peitschen an die Küsten, der Zugverkehr bricht zusammen.

Am  Nachmittag des 18. Januar erreicht "Kyrill" Deutschland. Es ist der schwerste Sturm, den das Land seit 20 Jahren erleben musste. Mindestens elf Menschen sterben hierzulande; europaweit sind es mindestens 43 Tote. Vor allem in Eifel, Harz, Sauer- und Siegerland  kann der nasse Boden den flach wurzelnden Fichtenbestand nicht halten. Allein in Nordrhein-Westfalen fällt "Kyrill" 25 Millionen Bäume. Die Bundesregierung wird den Gesamtschaden später auf 4,7 Milliarden Euro beziffern.

Doppelter Gewinn in halber Zeit

Nach dem Sturm fallen die Holzpreise, während die Kosten für Bergungsmaschinen steigen. Zwei Monate nach "Kyrill" legt Nordrhein-Westfalen ein Sonderprogramm über 100 Millionen Euro auf, die EU stellt NRW weitere 100 Millionen Euro zur Verfügung. Eine Diskussion entbrennt, ob es nicht besser sei, künftig in Mischwald zu investieren.

Viele Waldbauern aber pflanzen wieder Fichten an: Im Vergleich zu Buchen bringt ihr Anbau in der halben Zeit das doppelte Geld. Familie Heimes macht es ebenso. Von den 56 Millionen Euro, die das Land NRW für die Aufforstung mit Laubbäumen und tief wurzelnden Nadelbäumen zur Verfügung stellt, wird nur ein Drittel abgerufen.

Stand: 18.01.2012

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