Kaiserin Marie-Louise

Stichtag

12. Dezember 1791 – Marie Louise von Österreich wird geboren

Kaiser Franz I. von Österreich ist verzweifelt. Vier Mal schon wurden seine Truppen von Napoleon geschlagen: Gegen den französischen Kaiser scheint kein Kraut gewachsen. Da versucht er es mit den Waffen einer Frau: seiner Tochter Maria Ludovica Leopoldina Franziska Therese Josepha Lucia von Habsburg-Lothringen, genannt Marie Louise.

Denn Napoleons Frau Joséphine ist unfruchtbar, und Napoleon deshalb auf Brautschau. Am Wiener Hof sieht sich Graf Louis Guillaume Otto für ihn um. "Die Prinzessin ist 18 Jahre alt, groß und wohl gewachsen", vermeldet er über Marie Louise nach Paris. "Sie hat eine edle Haltung, eine angenehme Physiognomie, Grazie und zeigt einen Ausdruck von Sanftmut und Leutseligkeit." Napoleon scheint das zu gefallen. "Das ist gerade der Uterus, den ich zum Heiraten brauche", tönt er im Freundeskreis.

Mit dem "Antichrist" vermählt

Marie Louise kommt am 12. Dezember 1791 in Wien zur Welt. In ihrer Erziehung wird sie bewusst naiv gehalten, um sie aus Gründen der Staatsräson jederzeit gut vermählen zu können. Nur Frankreich gegenüber wird ihr eine gewisse Abneigung zugestanden: Als Kind hat sie eine Napoleon-Puppe als Prügelknaben. Trotzdem zögert Franz I. nicht, als der Erzfeind und "Antichrist" um die Hand seiner Tochter anhält. "Kann man zwischen dem Untergang der Monarchie und dem Unglück einer Prinzessin wählen?", bringt es der österreichische Gesandte Klemens Wenzel Lothar von Metternich rhetorisch auf den Punkt.

Marie Louise und Napoleon werden im März 1810 per Ferntrauung verheiratet. Die offizielle Hochzeit wird im April in Paris nachgeholt. Will man den Briefen der Braut in die Heimat Glauben schenken, dann entpuppt sich das vermeintliche Ungeheuer im Ehealltag als durchaus liebenswerter Partner. Und als Marie Louise dem Kaiser 1811 mit Napoléon-François-Charles-Joseph den erhofften Thronfolger schenkt, offenbart sich ein treusorgender, bisweilen "kindischer", wenn auch nicht immer weitblickender Vater: "Er will ihm schon zu essen geben, was ihm aber übel anschlägt".

"Nicht das Weib, das mein Vater verdiente"

Napoleons Desaster auf dem Russlandfeldzug ändert für Marie Louise alles. Plötzlich führt ihr Vater Krieg gegen ihren Ehemann. Als sich Napoleons Kriegsglück in den Befreiungskriegen vollends wendet, verhindert Franz I., dass seine Tochter dem Gatten wie beabsichtigt in die Verbannung folgt: Er setzt einfach den notorischen Schwerenöter Adam Albert von Neipperg auf sie an. 1815 geht sie mit ihrem Liebhaber als Herzogin nach Parma. Ihren Sohn Napoléon-François-Charles-Joseph, besser bekannt als Napoleon II., sieht sie nur selten. Aber er findet ohnehin, sie sei "nicht das Weib, das mein Vater verdiente".

Marie Louise stirbt 1847 in Parma.

Stand: 12.12.2011

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