Touristen mit Regenmänteln an den Niagara-Wasserfällen in Ontario, Kanada

Stichtag

29. Dezember 1766 - Geburtstag des Chemikers Charles Macintosh

"Um Mitternacht, als wir immer noch aufsaßen, kam das Unwetter mit voller Wucht heulend über die Anhöhe. Der Sturm tobte, der Donner grollte, und ein Blitz spaltete einen Baum an der Ecke des Hauses." Emily Brontës "Sturmhöhe" - wie viele Romane des 19. Jahrhunderts - zeugt davon, wie ausgeliefert die Menschen dem Wetter lange Zeit blieben. Die Männer, zu Pferd oder auf dem Kutschbock, schützen sich mit eingeölten Jacken vor dem Regen, wasserfeste Kleidung gibt es nicht. Auch den schottischen Chemiker und Tüftler Charles Macintosh muss die Nässe gestört haben. Geboren wird er am 29. Dezember 1766 in Glasgow, immerhin regnet es dort in manchen Jahren an 260 Tagen. Nach dem Studium der Chemie an der Universität von Glasgow und dem Tod des Vater, übernimmt er die väterliche Fabrik, in der violette Farbe hergestellt wird. Er beginnt, mit Kautschuk zu experimentieren.

"Rubber cloth": in der Kälte hart, in der Sonne klebrig

Charles Macintosh verflüssigt erhärteten Kautschuk mit Hilfe von Kohlenöl und formt daraus dünne Gummischichten. Unter Hitzeeinwirkung verbindet er den Gummi wie ein Sandwich mit zwei Lagen Baumwollstoff. 1823 meldet er seinen "rubber cloth" zum Patent an. Zunächst stellt Macintosh nur wasserfestes Tuch her, das dann von Schneidern vernäht wird. Seine Idee überzeugt die regengeplagten Menschen sofort. Bereits 1825 schützt sich der Herzog von York während einer Parade mit einem Macintosh-Cape in Blau mit rotem Seidenfutter. Bald sucht sich Macintosh einen Partner in Manchester. Ab 1830 stellen er und Thomas Hancock nicht nur den Stoff, sondern komplette wasserfeste Kleidungsstücke her. Noch gibt es Probleme: In der Kälte wird die Gummischicht hart, in der Sonne weich und klebrig. Erst das Verfahren der Vulkanisation, 1839 entwickelt vom Reifenhersteller Charles Goodyear, macht den Kautschuk widerstandsfähig gegenüber Temperaturschwankungen und Abnutzung.

Bis heute von Hand zugeschnitten

Charles Macintosh stirbt 1843 im Alter von 76 Jahren. Sein Name überlebt als Synonym für wetterfeste Kleidung. Briten bezeichnen den Regenmantel auch als "Mackintosh" oder "Mac". Einer von Macintoshs Verarbeitern gründet 1895 mit leicht veränderter Schreibweise das Unternehmen Mackintosh, das die wasserdichten Naturkautschukmäntel bis heute herstellt: Dreiviertellänge, zwei Schubleistentaschen, einreihige verdeckte Knopfleiste, kleiner Rückenschlitz und drei Ventilationsösen unter den Achseln. In der Fabrik in Cumbernauld bei Glasgow wird er von Hand zugeschnitten und geleimt, nicht genäht. Das war im 19. Jahrhundert üblich, weil Wasser an den Stellen des Mantels eindrang, die mit Nadeln punktiert wurden. Emily Brontës Heldin Cathy aus der "Sturmhöhe" hätte besser einen schicken Mackintosh getragen. Doch sie blieb im Regen stehen, "trotz dem grollenden Donner und den großen Tropfen, die rings um sie her spritzten" bis sie "völlig durchnässt war und ohne Haube und Umschlagtuch dastand und alles Wasser in ihren Haaren und Kleidern auffing."

Stand: 29.12.2011

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