Portrait  Angelo Soliman

Stichtag

23. November 1796: Begräbnis von Angelo Soliman

Während Angelo Soliman in Wien Ende des 18. Jahrhunderts seinen Ruhestand genießt, bemüht sich der Museumsdirektor Abbé Simon Eberle bereits um seine sterblichen Überreste. Eine Woche vor dem Tod des ehemaligen Hofmohren beantragt er heimlich bei den Behörden die "Überlassung der Leiche".

Als Soliman im Alter von 75 Jahren tatsächlich an einem Schlaganfall stirbt, zieht ein Bruder des Museumsdirektors Eberle dem Toten die Haut ab und stülpt sie über ein eigens dafür angefertigtes Holzgestell. Bei der Beerdigung Solimans am 23. November 1796 liegen nur noch die sterblichen Überreste ohne Haut und Knochen im Sarg. Über den Verbleib des Skeletts ist nichts bekannt.

Schach mit Kaiser Joseph

Geboren wird Soliman um das Jahr 1721 in Afrika. Mit sieben Jahren rauben ihn Sklavenhändler und verkaufen ihn an Adelige in Sizilien. Hier lernt er Italienisch, später kommen noch fünf weitere Sprachen hinzu. Als Geschenk wird Soliman an den österreichischen Gouverneur von Sizilien, Fürst Lobkowitz, weitergereicht, dem er 20 Jahre dient.

Nach dem Tod des Fürsten kommt Soliman zu Josef Wenzel von Liechtenstein, dem Berater Maria Theresias von Österreich. Hier macht er Karriere als "Hochfürstlicher Mohr und Cammerdiener" und begleitet seinen Herrn zu Audienzen am Kaiserhof. Mit Joseph II. soll er Schach gespielt haben. In den niederen Ständen macht sich Soliman dadurch beliebt, dass er dem Fürsten Bittschriften überbringt. Von seiner Gesinnung her ist der Sklave da schon ein aufgeklärter Freigeist.

Durch Heirat zur Freiheit

Obwohl den Dienstboten Liechtensteins die Ehe verboten ist, heiratet Soliman 1768 die 14 Jahre jüngere Witwe Magdalena Christiano aus Wien – und zwingt seinen Dienstherrn so, ihn aus der Sklaverei in die Freiheit zu verstoßen. Nach dem Tod Liechtensteins stellt dessen Erbe Soliman wieder in Dienst und macht ihn 1773 zum Prinzenerzieher. Acht Jahre später schließt sich Soliman der revolutionärsten Freimaurer-Loge der Stadt an.

Als Soliman 1796 beerdigt wird, versucht seine Tochter Josephine vergeblich, auch Haut und Knochen ihres Vaters bestatten zu dürfen. Bis 1848 steht die Soliman-Puppe als halbnackter "Wilder" im Wiener Naturalienkabinett. Dann verirrt sich während der Revolutionswirren eine kaiserliche Kanonenkugel in die Räumlichkeiten. Solimans mumifizierte Haut verbrennt – zusammen mit einer Schmetterlingssammlung.

Stand: 23.11.2011

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