Hacker sitzt hinter seinem Computer

Stichtag

12. September 1981 – Chaos Computer Club gegründet

In den frühen 80er Jahren steckt Deutschland noch in den digitalen Kinderschuhen. Es ist die Zeit von Telefon-Akustikkopplern und Bildschirmtext (Btx), die ersten Heimcomputer kommen auf, die elektronische Datenverarbeitung beginnt, auch die Arbeitswelt zu erobern.

Da hat der kritische Elektronikbastler Tom Twiddlebit alias Klaus Schleisiek die Idee, "Computerfreaks mit politischem Bewusstsein zusammenzurufen, um gemeinsam zu beraten, was diese Maschinen für gesellschaftliche Auswirkungen haben werden". Für seinen Aufruf kann er die alternative "taz" gewinnen.

Gegen Verdummung und Zensur

Am 12. September 1981 gründet Schleisiek in Berlin mit 25 Gleichgesinnten den Chaos Computer Club (CCC). "Wir stinken an gegen die Angst- und Verdummungspolitik in Bezug auf Computer sowie die Zensurmaßnahmen von internationalen Konzernen, Postmonopolen und Regierungen", heißt es recht anarchisch in der ersten Ausgabe seiner Zeitschrift "Datenschleuder". Mittel zum Zweck ist der – mitunter spektakuläre – Daten-Hack.

"Öffentliche Daten nützen, private Daten schützen" wird schnell zum zentralen Motto des CCC. Dabei verstehen sich die Hacker immer weniger als Internetanarchisten und immer mehr als digitale Aufklärer: Ist der Code eines Unternehmens geknackt, setzen sich die Mitglieder mit diesem in Verbindung. Drei Tage haben Unternehmen danach Zeit, ihre Sicherheitslücken zu schließen. Verstreicht die Frist ergebnislos, "gehen wir damit an die Presse", sagt Schleisiek. "Das funktioniert sehr gut."

Von Anfang an sind die Aktionen des CCC medienwirksam gestaltet. Schon früh gelingt es dem Club, die Hochsicherheitsrechner von Weltraumbehörden wie NASA und ESA zu knacken oder, oft jenseits der Legalität, in die Computer staatlicher Institutionen bis hin zum Pentagon vorzudringen.

"In der Mitte der Gesellschaft angekommen"

Heute hat der Chaos Computer Club über 3.000 Mitglieder. Sein "Chaos Communication Camp" – eine Mixtur aus Kongress und Zeltlager – zieht alle vier Jahre die internationale Hackerszene nach Deutschland. In Politik und Wirtschaft ist seine Expertise inzwischen ebenfalls gefragt. Mitglieder werden herbeigerufen, um Sicherheitslücken in Netzwerken aufzudecken oder die Enquetekommission "Internet und digitale Gesellschaft" des Deutschen Bundestages zu beraten.

So ist denn auch Club-Gründer Schleisiek nach 30 Jahren Arbeit zufrieden: "Der CCC ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen", hält er fest. Untrügliches Indiz hierfür sei, dass nun auch das Bundesverfassungsgericht "die 'Datenschleuder' abonniert hat."

Stand: 12.09.2011

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