Stichtag

05. August 2010 - Vor 90 Jahren: Musikinstrument Theremin wird vorgestellt

Der Kasten hat weder Saiten noch Tasten, doch er ist ein Musikinstrument. 1920 stellt der Russe Lev Sergejewitsch Termen das erste elektronische Instrument der Musikgeschichte vor: Er nennt es Theremin. Er stellt sich vor den Kasten, aus dem zwei Antennen ragen, eine in waagrechter Richtung und eine in senkrechter. Die rechte Hand scheint einen unsichtbaren, aber klangvollen Faden zu halten. Die linke Hand bewegt die Luft nach oben und unten. Termen, der sich später selbst Theremin nennt, entlockt dem Kasten fremdartig klingende, cello-artige Töne. Es ist das erste Instrument, das ein Musiker mit den Händen spielt, ohne es zu berühren. Entwickelt hat Lev Termen es am Physikalisch-Technischen Institut von St. Petersburg.

Schaurig-schöner Klang

Lev Termen, später Leon Theremin, wird 1896 in St. Petersburg geboren. Nach dem Studium der Physik leitet er ab 1919 das Zentrum für Oszillografie, gleichzeitg spielt er Cello. Aus der Forschung an elektromagnetischen Wellen und der Liebe zur Musik entsteht die Idee für das Instrument. Das Theremin, auch Thereminvox oder Ätherwellengeige genannt, funktioniert so: Beide Antennen sind von elektromagnetischen Feldern umgeben. Kommen die Hände mit den Feldern in Berührung, verändern sich die Schwingungen im Innern des Kastens, die von zwei hochfrequenten Oszillatoren (Schwingungs-Erzeuger) hervorgebracht werden. Es entstehen Töne, die über den Verstärker abgegeben werden. Die Hand am senkrechten Stab regelt dabei die Tonhöhe, an der waagrechten Antenne wird die Lautstärke beeinflusst. Das Theremin kann bis zu neun Oktaven hervorbringen: Der Klang ist schaurig-schön und nicht von dieser Welt. Einige Zuhörer erinnert er an wimmernde Frauenstimmen, andere an ein Cello oder einen Engelschor.

Theremin auf Siegeszug durch die Welt

Ab 1927, gefördert von Lenin, stellt Theremin sein Instrument in den größten Konzerthäusern der Welt vor, in der Pariser Oper, der Londoner Royal Albert Hall und der New Yorker Carnegie Hall. Zeitungen und Radio berichten ausführlich über die Auftritte, auch Filmaufnahmen werden angefertigt. Kritiker schreiben, Leon Theremin ziehe die Töne aus der Luft. Der Erfinder bleibt zunächst in New York, wo er 1932 die "Electrical Symphony" aufführt, ein Konzert mit 16 Thereminen. 1938 wird er zurück nach Russland beordert, wo er in einem Straflager Abhörtechnik für den russischen Geheimdienst KGB entwickelt. Im Westen baut derweil der Amerikaner Bob Moog Theremine nach Vorbild des Russen - und entwickelt sie weiter zum Synthesizer. Experimentelle und populäre Musiker wie Led Zeppelin, der französische Elektronik-Musiker Jean Michel Jarre und die Beach Boys entdecken und verwenden Theremine. Als Leon Theremin am 3. November 1993 im Alter von 97 Jahren stirbt, kenne viele Menschen seine Erfindung aus Filmen. Dort kommt das Theremin vor allem in übernatürlichen oder gruseligen Momenten zum Einsatz: In Alfred Hitchcocks  "Ich kämpfe um dich" zum Beispiel oder dem Science-Fiction-Drama "Der Tag, an dem der Erde still stand" von Robert Wise.

Stand: 05.08.10