Stichtag

12. September 2009 - Vor 65 Jahren: Soulsänger Barry White wird geboren

Niemand brummt ein zärtliches "Oh Baby" herzerweichender als dieser schwarze Soul-Hüne mit dem dunklen Vollbart. Barry White, geboren als Barrence Eugene Carter, ist der ungekrönte König der Schlafzimmermusik, der wirkungsvollste Frauenflüsterer der Disco-Ära. Im Laufe von drei Jahrzehnten hat er mehr als 100 Millionen Platten verkauft und zu unzähligen romantischen Momenten mit seiner ultratiefen Bass-Stimme die konstruktive Begleitmusik geliefert. Mit Songs wie "You're The First, The Last, My Everything", "Never Gonna Give You Up" und "Just The Way You Are" etabliert der auch schon mal als "Walross der Liebe" verspottete Brummbär süßes Bettgeflüster als eine der wichtigsten Disco-Stilrichtungen der 70er Jahre. "Mögen Kritiker von Schnulzen reden", konstatiert die "Welt am Sonntag" 1992 anlässlich eines White-Comebacks, "für seine Fans produziert Barry White Gänsehaut".

In Whites Jugend weist zunächst nichts auf seine spätere Karriere als zärtlich säuselnder Sultan des Schmusesounds hin. Geboren am 12. September 1944 in Galveston, Texas, wächst Barrence Eugene Carter mit seiner alleinstehenden Mutter in Watts auf, einem der übelsten Schwarzen-Ghettos von South Central Los Angeles. Armut, Autodiebstähle, Straßenkämpfe und das Gangleben bestimmen den Alltag des Jungen. "All the things that it takes to either make you or break you" (all das, was dich entweder stählt oder bricht) - so beschreibt White später jene Zeit. Eine Zeit, in der er mit seiner Mutter, einer Klavierlehrerin, trotz des harten Alltags erste musikalische Gehversuche unternimmt. 1960 landet der jugendliche Kleinkriminelle allerdings wegen diverser Diebstähle im Gefängnis. Dort hört er angeblich eines Nachts Elvis Presleys "It's now or never", eine Aufforderung, die ihn inspiriert haben soll, sein Leben gründlich zu verändern.

Nach vier Monaten hinter Gittern lernt Barry, der sich bald nach seinem Vater White nennt, Klavier und Geige zu spielen. Er schreibt, produziert Songs, managt Bands und lernt das Musik-Business als Strippenzieher kennen. Mit "Harlem Shuffle" gelingt ihm eine Komposition, die sich später für die Rolling Stones als Riesenerfolg entpuppt. Stimmlich bleibt Barry White dagegen zunächst ganz im Hintergrund, auch bei seinem Trio Love Unlimited, dem er 1974 mit dem "Love Theme" im orchestralen Philadelphia-Sound den ersten echten Disco-Hit schreibt. Erst als ein Plattenmanager auf Demobändern die Star-Qualitäten von Whites tiefer Grummelstimme entdeckt, lässt sich der schwergewichtige Sänger zu einer Solo-Karriere animieren.

Bis zum Ende der Disco-Ära 1979 häuft Barry White mehr als 100 Gold- und Dutzende von Platinplatten an. Während einer Deutschland-Tour kassiert der Soul-Star  Abendgagen von 50.000 Mark. Nach einem Tief in den 80er und einem großen Comeback in den 90er Jahren werden die gesundheitlichen Folgen von Whites lebenslangem Übergewicht immer gravierender. Im Mai 2003 erleidet er einen Schlaganfall. Wenig später, am 4. Juli 2003, stirbt Barry White in Los Angeles mit nur 58 Jahren an Nierenversagen.

Stand: 12.09.09