Stichtag

10. Mai 2003 - Tod des Modeschöpfers Heinz Oestergaard

Heinz Oestergaard hat eine schicke Mutter. Immer, wenn ihr Untermieter Herr Kaiser, ein "Ölmann aus Schlesien", mit ihr zur Rennbahn geht, kann der Knabe gar nicht anders als sie zu bewundern. "Sie hatte ein Chiffonkleid mit rotem Unterkleid und kleinen Zipfeln unten und eine lange Kette", wird er sich später erinnern. "Und das hat mich so fasziniert, wie schick die Mutter aussah."
Oestergaard wird 1916 in Berlin geboren. In den zwanziger Jahren zeichnet er die Bilder auf Butterbrotpapier die Schauspielerinnen aus den Modejournalen ab, später macht er seine kindliche Begeisterung für Kleider zum Beruf. Er absolviert eine Zuschneideakademie und geht beim Modehaus Schröder-Eggeringhaus in die Lehre. 1938 beginnt er als Konfektionär in einem Berliner Atelier. Nach dem Krieg näht er aus Decken, Fahnenstoffen, alten Uniformen und Gardinen seine erste Kollektion. Da ist er der jüngste Modeschöpfer Berlins. Als Christian Dior mit seinen festen Stoffen eine neue Linie der Haute Couture  begründet, erfindet Oestergaard für die weichen deutschen Kostüme steife Unterbauten - bis die Bekleidungsindustrie der Heimat auf Maschinen umgerüstet hat, die dem Trend der Zeit gewachsen sind.

Aber Oestergaard hält es nicht bei der exklusiven Mode. Er will, dass sich auch die deutsche Hausfrau und Mutter schick kleiden kann. 1967 geht er als Modeberater von Grete Schickedanz zum Versandhaus Quelle. Fortan demokratisiert er mit "Mode für Millionen" die Couture. Er kreiert die senfgrüne Uniform der Polizei und den orangefarbenen Overall der "Gelben Engel" vom ADAC. In den achtziger Jahren zieht er sich aus dem Modegeschäft zurück, um Bilder zu malen, Teppiche zu entwerfen und Glas zu blasen. Oestergaard stirbt am 10. Mai 2003 in Bad Reichenhall.

Stand: 10.05.08