Stichtag

09. Dezember 2006 - Vor 1.350 Jahren: Kamelschlacht von Basra

Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sieht sich die westliche, christlich geprägte Welt im Fadenkreuz islamistischer Terroristen. In den Hintergrund gerückt ist dabei aber der Kampf, den Muslime in vielen Teilen Asiens gegeneinander führen. Seit Jahrhunderten tragen sunnitische und schiitische Anhänger des Korans einen blutigen Krieg um den religiösen Alleinvertretungsanspruch aus. Das Zerwürfnis zwischen den beiden muslimischen Hauptkonfessionen ist fast so alt wie der Islam selbst. Schon 20 Jahre nach dem Tod von Religionsstifter Mohammed im Jahr 632 kommt es zu einem erbitterten Richtungsstreit.
In diesem Streit geht es nicht allein um die religiöse Deutung der Prophetenworte, sondern auch um handfeste politische und wirtschaftliche Interessen. Er eskaliert, als 656 der dritte Kalif ("Nachfolger") Uthman von Aufständischen ermordet wird. Unter deren Druck lässt sich Ali ibn Abi Talib, der Schwiegersohn Mohammeds, zum Kalifen wählen. Er ist der Kandidat jener Muslime, die dem religiösen "Uradel" wieder mehr Gewicht gegenüber der Kaufmannsaristokratie der Umayyaden verschaffen wollen. Deren Anführer Muawiya erklärt jedoch Alis Wahl für ungültig. Er lässt sich ebenfalls zum Kalifen wählen und fordert Blutrache für Uthman.

Im Kampf gegen die Partei ("Schia") Alis hat Muawiya eine mächtige Verbündete: Aischa, die hoch verehrte Witwe und frühere Lieblingsfrau Mohammeds. Vielen sunnitischen Musliminnen gilt sie heute noch als Vorbild moralischer Lebensführung. Als Ali zum Krieg gegen Muawiya rüstet, führt die "Mutter aller Gläubigen" noch im Jahr 656 ein Heer gegen den verhassten Kalifen nach Basra. Auf einem weißen Kamel thronend (daher "Kamelschlacht"), feuert sie ihre Streitmacht im ersten islamischen Bruderkrieg der Geschichte gegen die schiitischen Abweichler an. Obwohl Ali als Sieger aus der Schlacht hervorgeht und Aischa in Gefangenschaft gerät, ist sein Triumph nur von kurzer Dauer. Fünf Jahre später fällt er einem Attentat zum Opfer. Als 680 auch Alis Sohn Hussein in der Schlacht von Kerbala fällt, müssen die Schiiten endgültig alle Hoffnungen begraben, einen Kalifen aus der direkten Blutlinie von Mohammeds Schwiegersohn stellen zu können.

Stand: 09.12.06