Stichpunkt

20. Januar 2009 - Vor 300 Jahren: François d'Aix de La Chaise stirbt in Paris

Für Touristen in Paris ist der "Père Lachaise ", der berühmte Friedhof im Osten der französischen Hauptstadt, ein Muss. Viele Prominente haben dort ihre letzte Ruhestädte. Dazu gehören Edith Piaf, Max Ernst, Marcel Proust, Jim Morrison, Simone Signoret, Frédéric Chopin  und Oscar Wilde. Doch das Grab des Paters, der dem 1804 eröffneten Friedhof seinen Namen gegeben hat, sucht man vergeblich. Die Gebeine von François d'Aix de La Chaise ruhen in einem Pariser Jesuitenkloster. Er hatte in den heißen Sommermonaten auf dem späteren Friedhofsgrundstück gewohnt. Die Jesuiten, denen das Gelände seit dem 17. Jahrhundert gehörte, hatten dort einen Erholungsort mit Gärten, Hainen und Wasserfällen angelegt.

Auch François d'Aix de La Chaise selbst ist zu Lebzeiten prominent: Er wird am 25. August 1624 auf Schloss d'Aix im französischen Zentralmassiv geboren. Seine Familie gehört zu den angesehensten des Landes. Sein Einfluss auf die Politik macht ihn bekannt. Denn Père (Vater) La Chaise, wie er bald im Volksmund heißt, ist 34 Jahre lang der Beichtvater Ludwigs XIV. Père La Chaise gilt den Verfehlungen des Königs gegenüber als sehr gütig - vor allem was dessen zahlreiche Mätressen betrifft. Père La Chaise  soll Ludwig XIV. und seine Geliebten stets dazu angehalten haben, sich zu bessern. "Sonderlich starken Druck ausgeübt hat er aber nie", sagt Philippe Lécrivain, Professor für Geschichte des Christentums in Paris. Zu Ostern, wenn die Beichte ansteht, hält sich Père La Chaise  sogar extra vom Hof von Versailles fern. Sonst müsste er dem König wegen fortgesetzten Ehebruchs die Osterkommunion verweigern.

Aus Dank für die Nachsicht seines Beichtvaters nimmt Ludwig XIV. diesen in den königlichen Rat auf. Trotzdem steht Père La Chaise in einem Loyalitätskonflikt: "Denn er muss ein Gleichgewicht herstellen zwischen König Ludwigs gallikanischer Position in Kirchenfragen und der streng päpstlichen Vorstellung", sagt Historiker Lécrivain. Mit dem sogenannten Gallikanismus versuchen die französischen Könige die katholische Kirche in ihrem Land weitgehend unabhängig vom römischen Stuhl zu machen, um ihren eigenen Einfluss zu stärken. Père La Chaise versucht stets, in Glaubensfragen ausgleichend zu wirken. Nicht immer mit Erfolg. So wendet er sich vergeblich gegen die Widerrufung des Ediktes von Nantes, das den calvinistischen Protestanten religiöse Toleranz und volle Bürgerrechte gewährt. Daraufhin fliehen hunderttausende Hugenotten ins Ausland. "Der Pater La Chaise war kein starker Denker", schreibt der Herzog von Saint-Simon in seinen Memoiren, "aber er hatte einen guten Charakter, er war redlich, gradsinnig, vernünftig, sanft und maßvoll." François d'Aix de La Chaise  stirbt am 20. Januar 1709 in Paris.

Stand: 20.01.09