Karl Kraus

Stichtag

12. Juni 1936 - Karl Kraus stirbt in Wien

Karl Kraus ist gerade einmal 25 Jahre alt, als er 1899 die Zeitschrift "Die Fackel" gründet. Auf dieser Plattform wendet er sich gegen die Verlogenheit, Dummheit und Korrumpierbarkeit, den Militarismus und den Bürokratismus der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Zeitschrift erscheint 37 Jahre, ab 1911 mit Kraus als alleinigem Autor.

Die "Fackel" macht Kraus bei seinen Gegnern gefürchtet. Immer wieder wird er in Prozesse verwickelt, die er aber wegen seiner guten Recherche allesamt gewinnt. Für seine Bewunderer hingegen wird Kraus durch die scharfzüngigen Beiträge zu einer zornigen Autorität, die im Wien der Jahrhundertwende ihresgleichen sucht.

Wortstark gegen Sprachmissbrauch

Geboren wird Kraus 1874 im ostböhmischen Jitschin. 1877 kommt er nach Wien, wo er bis zu seinem Tode lebt. Nach abgebrochenem Studium und Versuchen als Schauspieler wendet er sich dem literarischen Journalismus zu. Die Bonmots, Essays, Aufsätze und Glossen der "Fackel" lassen ihn schon bald zu einem der wichtigsten Satiriker und Aphoristiker seiner Zeit avancieren.

Im Zentrum der "Fackel" stehen immer auch die kulturellen Missstände und der Missbrauch der Sprache. Geleitet von der Auffassung, dass das falsch benutzte Wort die wahre Gesinnung des "Sprachtäters” verrate, wird bei Kraus das kommentierte Originalzitat zur Waffe gegen seinen Benutzer.

"Mir fällt zu Hitler nichts ein"

Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs beginnt der Pazifist Kraus mit dem fünfaktigen Lesedrama "Die letzten Tage der Menschheit", das 1922 als Buchausgabe im Druck erscheint. Mit seiner Kombination aus Fiktion und Zitatcollage beeinflusst das Stück Bertolt Brechts episches Theater ebenso wie das Dokumentartheater der 70er Jahre.

Im Alter wird Kraus immer verbitterter. Vor allem die Machtergreifung der Nationalsozialisten deprimiert ihn stark. Seinen bereits im Druck befindlichen Essay "Die dritte Walpurgisnacht", der mit dem berühmten Satz "Mir fällt zu Hitler nichts ein" beginnt, zieht er kurz vor der Auslieferung 1933 noch zurück. Kraus stirbt am 12. Juni 1936 in Wien. 1997 produziert der Österreichische Rundfunk eine Gesamtaufnahme der als unaufführbar geltenden "Letzten Tage der Menschheit" als Hörspiel. Es dauert über 22 Stunden.

Stand: 12.06.2011

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