Dennis Tito nach der Landung, umringt von Menschen

Stichtag

6. Mai 2001 - Landung von Weltraumtourist Dennis Tito

Auf einen Schlag verändert ein simpler Piepton im Oktober 1957 den Blick der Menschen in den Himmel über ihnen. Auch ein 17-jähriger angehender Ingenieurstudent in New York hört fasziniert das Funksignal, das der erste russische Satellit Sputnik 1 aus dem Orbit zur Erde sendet. Diesen Moment bezeichnet Dennis Tito später als sein Schlüsselerlebnis, den Moment, in dem er beginnt, von einem Flug in den Weltraum zu träumen.
Fast 44 Jahre muss Tito warten, bis er sich die Erde aus dem All anschauen kann – wenn auch nur in der Touristenklasse. Zunächst versucht der 1940 geborene Arbeitersohn mit italienischen Wurzeln, sein Ziel als Techniker der Raumfahrtbehörde NASA zu erreichen. Obwohl maßgeblich an den Mars-Missionen der Raumsonde Mariner beteiligt, bleibt ihm jedoch eine Karriere als Astronaut ohne Pilotenausbildung bei der Air Force verschlossen.

All-inclusive-Trip mit unbeschränkter Haftung

Anfang der 70er-Jahre wechselt Tito in die Finanzwelt und steigt zu einem der renommiertesten Investmentberater der USA auf. Als die UdSSR 1991 Flüge zu ihrer Raumstation Mir auch für zahlende Passagiere anbietet, sieht der inzwischen viele Millionen Dollar schwere Raumfahrt-Enthusiast eine neue Chance. Doch die politischen Wirren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vereiteln noch einmal Titos hochfliegende Pläne. Dann wird 1998 das erste Modul der internationalen Raumstation ISS in die Erdumlaufbahn geschossen. Tito aktiviert erneut seine Kontakte zur russischen Raumfahrtbehörde, hinterlegt 20 Millionen US-Dollar und bucht zum nächstmöglichen Termin einen All-inclusive-Trip ins Weltall.
Sechs Monate lang unterzieht sich Dennis Tito einem Kosmonauten-Grundkurs. Hunderte Male lässt er sich in einer Zentrifuge herumschleudern, bis die Russen von der Fitness des inzwischen 60-Jährigen überzeugt sind. Die Amerikaner dagegen sehen in dem Amateur lediglich ein Sicherheitsrisiko für ihre Forschungen. Tito muss eine Erklärung abgeben, die ihn verpflichtet, für alle eventuell von ihm verursachten Schäden zu haften. Den amerikanischen ISS-Bereich wird er nur mit einem US-Astronauten als Wachhund betreten dürfen.

Rückkehr aus dem Paradies

Am 28. April 2001 endlich kann Dennis Tito, ausgerüstet mit Foto- und Videokamera, an Bord von Sojus T-32 seine lang ersehnte Reise antreten. Zwei Tage später erreicht er in Begleitung der Kosmonauten Talghat Mussabajew und Juri Baturin die Raumstation ISS. "Das hier oben übertrifft meine schönsten Träume", funkt Tito begeistert nach Hause. Mehr als 120 Erdumrundungen lang filmt und knipst er, was ihm vor die Linse kommt, oder betätigt sich als "Küchenhilfe" für seine Gastgeber.
Nach genau sieben Tagen, 22 Stunden und vier Minuten Flugdauer landet der erste Tourist der Raumfahrtgeschichte unsanft, aber heil wieder in der kasachischen Steppe. "Ich komme gerade aus dem Paradies" sind seine ersten Worte. Fünf Jahre später stattet die amerikanisch-iranische Multimillionärin Anoush Ansari als erste weibliche All-Touristin der ISS einen Besuch ab – ebenfalls für 20 Millionen Dollar.

Stand: 06.05.2011

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