Clint Eastwood 1986 bei Straßeninterview in Carmel

Stichtag

8. April 1986 - Clint Eastwood wird Bürgermeister von Carmel

An der Monterey Bay, zwei Autostunden südlich von San Francisco, liegt inmitten einer imposanten Naturkulisse das Städtchen Carmel-by-the-Sea. Nach 1770 um eine spanische Mission entstanden, kann es sich einer langen Geschichte ebenso rühmen wie einer beachtlichen Promidichte. Schriftsteller wie Ernest Hemingway, John Steinbeck, der Fotograf Edward Weston oder Hollywoodstars wie Doris Day und neuerdings Brad Pitt mehren Carmels Ruf als Künstlerkolonie und Touristenziel. Fünf Kilometer entfernt fand 1967 das legendäre Monterey Pop Festival statt; das Carmel Beach Festival zählt heute zu den renommiertesten Musik-Events der USA.

Anfang 1986 bricht eine bisher noch nicht erlebte Medien-Invasion über Carmel herein. Schlagzeilen wie "Dirty Harry geht in die Politik" bringen die 4.000-Einwohner-Stadt auf die globale Landkarte. Filmstar Clint Eastwood, bekennender Law-and-Order-Hardliner, berühmt als lakonischer Westernheld und zynischer Polizeiinspektor Harry Callahan, hat seine Kandidatur um das Bürgermeisteramt bekannt gegeben.

Wahlkampf ohne Star-Brimborium

Eastwood wohnt seit 14 Jahren in Carmel; jetzt hat er die Nase voll von "diesem bürokratischen Morast", der die Bürger frustriert und die Lokalpolitik lähmt. Mit dem Slogan "Bringing the Community together", die Gemeinschaft zusammenbringen, zieht der Republikaner in den Wahlkampf gegen Amtsinhaberin Charlotte Townsend. Schnell wird ihr klar: Der baumlange, schwerreiche Action-Held meint es ernst. Eastwood, bekanntermaßen so schweigsam wie öffentlichkeitsscheu, verzichtet auf jedes Star-Brimborium, verweigert jedes überregionale Interview und beschränkt sich ausschließlich auf kommunale Themen. Das überzeugt seine Mitbürger: Am 8. April 1986 wählen sie Clint Eastwood mit einer Mehrheit von 72,5 Prozent zu ihrem Bürgermeister. Sein Gehalt beträgt 200 Dollar im Monat.

Kontrollfreak contra Bürokraten

"Dirty Harry stritt immer mit dem Bürgermeister und kämpfte gegen die Bürokratie", erklärt Eastwood in seiner Antrittsrede. Ganz "Dirty Harry" beschreibt er auch sein Demokratieverständnis. "Also, man berät ein bisschen und dann sage ich, wie es zu laufen hat." In diesem Kampfstil gelingt es Eastwood, das Bauen und Renovieren von Eigentum zu erleichtern; er lässt die historische Mission Ranch restaurieren, verhindert Neubau-Klötze in der naturgeschützten Landschaft und erweitert die Bücherei mit einem Anbau für Kinderbücher.

Doch im dauernden Clinch mit der real praktizierten Kommunaldemokratie wirft der bekennende "Kontrollfreak" schließlich das Handtuch. Eastwood verzichtet auf eine zweite Amtszeit und strebt nie wieder ein politisches Amt an.

Stand: 08.04.2011

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