Stichtag

19. März 2010 - Vor 75 Jahren: Carl Duisberg stirbt in Leverkusen

Vier Jahrzehnte lang prägt er die Geschichte der chemischen Industrie in Deutschland und verhilft der Firma Bayer zu Weltgeltung: Geheimrat Carl Duisberg. Geboren wird er am 29. September 1861 in Barmen, als Sohn eines Bandfabrikanten. Nach dem Chemie-Studium wird Duisberg 1883 bei den "Farbenfabriken Elberfeld vormals Friedrich Bayer & Co" in Wuppertal angestellt. Seine Farbstoff-Erfindungen steigern den Umsatz. Er ist aber nicht nur fleißig und erfinderisch, sondern auch aufbrausend: "Seine Temperamentausbrüche waren gefürchtet", erinnert sich Enkel Claus Jürgen Duisberg später. Als Bayer aus Platzmangel von Elberfeld nach Wiesdorf an den Rhein zieht, plant Carl Duisberg 1895, damals Prokurist, eine neue Farbenfabrik. So entsteht auch eine Stadt: Leverkusen. Denn Duisberg lässt für die Beschäftigten Wohnkolonien bauen. Ein Erholungshaus für Theater und Konzerte, ein Kaufhaus sowie Sport- und Musikvereine entstehen. Den Arbeitstag lässt Duisberg, inzwischen Vorstandsmitglied, von zehn auf acht Stunden reduziert. Duisbergs Fürsorge hat allerdings Grenzen: Gewerkschaften sind ihm in Leverkusen nicht willkommen.

Die Firma Bayer ist erfolgreich. Bald gibt es Niederlassungen in den USA, Frankreich, England und Russland. Ab 1888 vertreibt das Unternehmen ein Schmerz- und Fiebermittel namens Phenacitin, ab 1899 Aspirin. Vier Jahre später produziert die deutsche Farbindustrie 90 Prozent des gesamten Weltbedarfs an synthetischen Farbstoffen. Dann stoppt der Erste Weltkrieg die guten Geschäfte. Der Export von Farben wird verboten. Die Oberste Heeresleitung drängt Duisberg, chemische Kampfstoffe zu produzieren. Er lässt sich darauf ein und stellt die Produktion auf Giftgas-Granaten um. Als der Rüstungsindustrie die Arbeitskräfte ausgehen, schlägt Duisberg vor, Zwangsarbeiter aus dem besetzten Belgien nach Leverkusen zu holen. Als der Vorschlag umgesetzt wird, steht das Deutsche Reich einmal mehr international am Pranger. Nach dem Krieg bringt Duisberg die Firma Bayer und seine Karriere wieder auf Erfolgskurs. 1925 ist er maßgeblich an der Gründung der "I.G. Farbenindustrie AG" beteiligt, dem damals größten Chemieunternehmen der Welt. Duisberg wird erster Aufsichtsratsvorsitzender. Gleichzeitig übernimmt er den Vorsitz des Reichsverbandes der Deutschen Industrie.

Duisberg stirbt am 19. März 1935 im Alter von 74 Jahren in Leverkusen. Die Londoner "Times" würdigt ihn in einem Nachruf als wichtigsten Industriellen, den es bis dahin gegeben habe. Zwei Jahre zuvor hatte Duisberg zum ersten Mal das "Bayerkreuz" angeschaltet, die damals größte Leuchtreklame der Welt. Am 14. Todestag des Chemikers gründen Bund und Länder 1949 die Carl-Duisberg-Gesellschaft zur Förderung wissenschaftlicher Nachwuchskräfte.

Stand: 19.03.10