Stichtag

28. Juli 2010 - Vor 355 Jahren: Todestag von Cyrano de Bergerac

In Frankreich kennt ihn jedes Kind: die Dramenfigur Cyrano de Bergerac, den draufgängerischen Schriftsteller mit der großen Nase. Er ist die Hauptfigur in einem Versdrama von Edmond Rostand von 1897, das bis heute bei den Franzosen sehr beliebt ist. Weltweit bekannt wird Cyrano de Bergerac durch die gleichnamige Verfilmung mit Gérard Depardieu von 1990. Doch er ist nicht nur eine Dramenfigur, Hector Savinien Cyrano de Bergerac hat wirklich gelebt: in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Und auch der echte Cyrano ist ein Rebell, der die Gefahr bei Duellen sucht und Streit mit sämtlichen Zeitgenossen. Viele seiner Mitmenschen begeistern sich dennoch für ihn, denn er ist ein begnadeter Schriftsteller mit einer für damalige Verhältnisse außergewöhnlich ironischen und bildgewaltigen Sprache. In einem Brief beschreibt er zum Beispiel eine Zypresse: "Ihre Farbe und Gestalt erinnern mich an eine aufgehängte Eidechse, die in den Himmel ragt und in die Erde beißt." Cyrano de Bergerac prägt sogar das Genre der utopischen Romane stark: Er schreibt zwei phantastische Bücher, "Reise zum Mond" und "Reise zur Sonne", in Frankreich gelten sie als Klassiker des Science-Fiction-Genres.

Spott als Grundhaltung

Cyrano de Bergerac lebt nur kurz, aber intensiv: 36 Jahre wird er alt. Ein Stich zeigt ihn als Mann mit dunklen Haaren - und tatsächlich mit einer ausgeprägten Nase. Geboren wird Cyrano de Bergerac 1619 in Paris, er entstammt dem Amtsadel, erhält eine gute Schulbildung. 1638 tritt er in die Gascogner Garde ein, eine Militäreinheit. Nach zwei schweren Verletzungen quittiert er den Dienst und widmet sich der Wissenschaft und der Literatur. Bald ist er als "Libertin" bekannt, als Freigeist, vor allem wegen seiner politischen Haltung: In seinen stilistisch brillanten Briefen verspottet er die Kirche und Aberglauben, Dicke und Pedanten, Politiker, Poeten und die Damenwelt gleichermaßen. "Wenn die Augen Spiegel der Seele sind, dann ist Ihre Seele doch etwas sehr Hässliches." Oder: "Wenn Stockhiebe schriftlich versandt werden könnten, würde Sie meinen Brief mit den Schultern lesen." Er verabreicht Prügel mit Worten und ganz Paris tuschelt darüber, wer gemeint sein könnte.

Reise zum Mond und zur Sonne

Die "Reise zum Mond" (erschienen 1657 nach seinem Tod) und "Reise zur Sonne" (1662) sind zwar Utopien, verspotten jedoch die barocke Gesellschaft: Die Mondbewohner, die der Protagonist Dyrcona, (ein Anagramm von Cyrano) besucht, glauben ihr Gestirn genauso im Mittelpunkt des Universums wie die Menschen ihre Erde. Cyrano de Bergerac erlebt die Veröffentlichung nicht mehr. Er stirbt an den Folgen einer schweren Verletzung am 28. Juli 1655. Unklar ist, ob er an einem Januartag im Jahr zuvor aus religiösen Gründen von den Jesuiten angegriffen oder von einem Balken erschlagen wurde. Für die Nachwelt bleibt der Gruß der Lunarier, der Mondbewohner, aus den Reisebüchern erhalten: "Seid bedacht, frei zu leben! – Songez à librement vivre!"

Stand: 28.07.10