Stichtag

11. November 2010 - Vor 45 Jahren: Erstes Konzert von "The Velvet Underground"

Vier Musiker spielen mit dem Rücken zum Publikum. Nach einem Buch über Sadomasochismus von Michael Leigh nennen sie sich "The Velvet Underground". Am 11. November 1965 treten sie in der Summit High School in New Jersey auf: Lou Reed an der Gitarre, John Cale an der Viola, Sterling Morrison am Bass und Maureen "Mo(e)" Tucker am Schlagzeug. Ihre Musik ist Rockmusik, die aber viel düsterer und experimenteller klingt als Songs von den Rolling Stones oder von Jimi Hendrix . Mit weit aufgedrehtem Verstärker erzeugt Reed  Rückkopplungen auf seiner E-Gitarre und murmelt depressiv-poetische Sätze, Cale spielt eine elektrische Viola, Morrisons Bass liefert den dröhnenden Hintergrund. Tucker, eine der ersten Frauen am Schlagzeug in einer Rockband, hält das ganze mit einen monotonen Rhythmus zusammen. Drei Songs spielt das Quartett, der Auftritt dauert eine viertel Stunde, und die Zuhörer sind irritiert. Die Musik von "The Velvet Underground" ist ihrer Zeit um zwei Jahrzehnte voraus, erst viel später wird sie wieder entdeckt und von anderen Gruppen neu aufgenommen und interpretiert. Deswegen ist die Band in der Rockgeschichte einzigartig: Keine andere Musikgruppe war während der Zeit ihres Bestehens so erfolglos und hat dennoch so viele nachfolgende Bands maßgeblich beeinflusst. Die Musikzeitschrift Rolling Stone schreibt 1984: "Viele Alben haben sie im Verlauf ihrer Karriere nicht verkauft, aber es scheint, dass jeder, der sich eine davon gekauft hat, so beeindruckt war, dass er hinausging und seine eigene Band gegründet hat."

Andy Warhol finanziert Debütalbum

Gegründet wird "The Velvet Underground" 1964 von den beiden musikalischen Köpfen Lou Reed und John Cale, damals unter dem Namen "The Falling Spikes". Kurz nach dem Auftritt in der Summit High School wird Andy Warhol auf die Band aufmerksam. Er verschafft den vier Musikern Auftritte und finanziert das Debütalbum "The Velvet Underground And Nico". Allerdings muss die Band eine zusätzliche Sängerin akzeptieren, Nico, eine von Warhols Musen, ein großes, blondes Model aus Köln. Die Platte erscheint 1967. Lieder wie "Heroin" und "Venus in Furs" prägen die Musiker und Bands der nachfolgenden Generationen, wie David Bowie, Brian Eno, Joy Division oder Sonic Youth. Das Cover der Platte gestaltet Warhol selbst: Eine Banane im Siebdruck. Das Bild wird, wie die Suppendosen oder die Monroe-Bilder, eine Ikone der Popkultur.

Band mit wechselnder Besetzung

In den folgenden Jahren nimmt die Band noch einige wegweisende Alben auf, allerdings schon in geänderter Besetzung. Ende 1967 verlässt Nico die Band, die Musiker entfernen sich von Andy Warhol. 1968 drängt Reed John Cale aus der Band. 1970 verlässt auch Reed "The Velvet Underground", weil er findet, die Band mache keine Fortschritte mehr. Mit wechselnden Mitgliedern tritt die Gruppe bis 1973 auf. Lou Reed verbringt die 70er und 80er Jahre im Drogenrausch, Moe Tucker bekommt fünf Kinder, Sterling Morrison wird Dampfschiffkapitän, und John Cale arbeitet weiterhin als Musiker und Komponist. In der Urbesetzung vom ersten Konzert touren sie 1993 durch Europa, gleichermaßen angebetet von Fans und Musikkritikern. Dabei hatten sie nie eine Hitsingle, keines ihrer vier Alben erreichte bei Erscheinen die ersten Hundert Plätze der Charts.

Stand: 11.11.10