Dana Zatopkova (l.) mit Ehemann Emil Zatopek bei den Olympischen Spielen 1952

Stichtag

21. November 2010 - Vor 10 Jahren: Tod der Leichtathletik-Legende Emil Zatopek

Um den ausgemergelten Läufer aus Prag scheint es schlimm zu stehen. Laut keuchend, mit hängender Zunge, Qual im Gesicht und offenbar butterweichen Knien stampft Emil Zatopek über die Aschenbahn des Londoner Olympiastadions. Mitleidig halten die Zuschauer den Atem an. Was viele noch nicht wissen: Der junge Tscheche läuft immer wie eine ausrangierte Dampfmaschine – und wird doch fast ein Jahrzehnt lang den Langstreckenlauf beherrschen wie vor ihm nur Paavo Nurmi. Auch im olympischen 10.000-Meter-Lauf von London 1948 hängt kein Konkurrent die "tschechische Lokomotive" ab. Lachend zerreißt der 25 Jahre alte Emil Zatopek das Zielband und gewinnt die erste seiner insgesamt vier Goldmedaillen.

Olympia-Held mit Schwejk-Witz

Als Anerkennung für seine Verdienste zum Major der tschechoslowakischen Armee befördert, erkämpft Zatopek nun bei Europa- und Weltmeisterschaften einen Fabel-Rekord nach dem anderen. Vier Jahre nach London erklimmt er 1952 bei den Olympischen Spielen in Helsinki den Gipfel seiner Sportkarriere. Binnen einer Woche siegt Zatopek drei Mal in olympischer Rekordzeit: zunächst über 5.000 und 10.000 Meter, um dann – ohne jede Wettkampferfahrung – auch noch den Marathonlauf zu gewinnen. Seine Frau Dana, am selben Tag wie ihr Mann, dem 19. September 1922, geboren, holt zur gleichen Zeit die Goldmedaille im Speerwurf.

Widerstand mit Folgen

Vom Erfolg und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Aufstieg unbeeindruckt bleibt Zatopek, wie er immer war: ein intelligent-bodenständiger Mann, ohne jede Star-Attitüde und berühmt für seinen verschmitzten, schwejkhaften Witz. "Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft", antwortet er gern auf die Frage nach seinem außergewöhnliches Talent. Nach dem Ende seiner Karriere arbeitet Emil Zatopek als Sportlehrer in der Armee. Zum kommunistischen Regime hält das größte tschechische Sportidol aber freundliche Distanz und unterstützt während des Prager Frühlings mit deutlichen Worten die Reformer um Alexander Dubcek. Als die Truppen des Warschauer Pakts die CSSR besetzen, klettert Zatopek in seiner Oberstuniform auf einen Panzer und fordert die Besatzer zum Rückzug auf.

Seinen Widerstand bezahlt Zatopek mit dem Verlust aller Ämter und Privilegien. Die neuen Machthaber schicken den fast 50-Jährigen als Arbeiter in den Bergbau. Nach einem Ergebenheitsschreiben an das Regime darf er die Mine 1971 verlassen und arbeitet als Archivar in Prag. Seine Landsleute nehmen ihm die Demutsgeste nicht übel. 1999 wählen sie die "tschechische Lokomotive" zum Sportler des Jahrhunderts. Ein Jahr später, am 21. November 2000, stirbt Emil Zatopek an den Folgen eines Gehirnschlags. "Bravo Zatopek, bravo Zatopek, ein großartiger Mann!" ruft die Presse dem Volkshelden wider Willen nach.

Stand: 21.11.10