Stichtag

18. Mai 2010 - Vor 115 Jahren: Augusto César Sandino wird geboren

Als 1979 die Guerilleros der sandinistischen Befreiungsfront den nicaraguanischen Diktator Anastasio Somoza Debayle stürzen, berufen sie sich auf Augusto César Sandino. Karl Marx habe ihnen die allgemeine Richtung, Sandino aber den konkreten Weg aufgezeigt. Ein halbes Jahrhundert zuvor hat der schmächtige Guerilla-General mit breitrandigem Stetson-Hut, hohen Schnürstiefeln und schwarz-rotem Halstuch für die Unabhängigkeit des mittelamerikanischen Landes gekämpft. Mit der Parole "Freies Vaterland oder sterben!" lehnt sich Sandino fast sieben Jahre lang gegen die US-amerikanische Besatzung auf.

Guerilla-Taktik entwickelt

Sandino wird am 18. Mai 1895 in Niquinohomo in der Nähe der Hauptstadt Managua unehelich geboren. Seine Mutter pflückt Kaffee, er ist häufig auf sich allein gestellt. Mit geringer Schulbildung schlägt er sich durchs Leben: verkauft Bohnen, wird Mechaniker, fährt einige Jahre zur See. Als 1926 ein konservativer General in Nicaragua putscht, kommt es zum Bürgerkrieg. Sandino schließt sich den Liberalen an und führt in deren Armee als selbst ernannter General ein kleines Heer aus Tagelöhnern und Bauern an. Seine Gegner: die Konservativen - und die USA, deren Marinesoldaten im Land stationiert sind. Die Vereinigten Staaten kontrollieren seit 1912 Nicaraguas Wirtschaft und Politik. Sandino hat schnell militärischen Erfolg. Doch als die Liberalen mit den Konservativen ein Friedensabkommen aushandeln, ist er mit den Bedingungen nicht einverstanden: 1928 soll es Wahlen geben - unter Aufsicht der USA. Für Sandino bedeutet das die Auslieferung des Landes an die Oberherrschaft der Nordamerikaner. Mit einer kleinen Schar kämpft Sandino weiter. Er entwickelt eine neue Taktik: mobile Einheiten mit leichten Waffen, Überraschungsangriffe aus dem Hinterhalt, schneller Rückzug, ein Kundschafternetz. 1932 ändern die USA unter Präsident Franklin D. Roosevelt ihre Außenpolitik. Für eine "gute Nachbarschaft" verlassen die US-Truppen das Land. Das ist auch eine Folge von Sandinos Guerillakrieg.

Von Nationalgarde ermordet

Bei den Wahlen Ende 1932 gewinnt in Nicaragua die Liberale Partei. Neuer Präsident wird Juan Bautista Sacasa, der mit Sandino die Entwaffnung vereinbart. Entscheidender Machtfaktor ist zu dieser Zeit allerdings die Nationalgarde, mit deren Aufbau die USA bereits 1926 begonnen haben. An deren Spitze steht Anastasio Somoza Garcia, der Begründer einer späteren Diktatoren-Dynastie. Er will die nicaraguanische Politik unter seine Kontrolle bringen. Als Sandino am 21. Februar 1934 bei Sacasa zum Abendessen eingeladen ist, gibt Somoza den Mordbefehl. Auf dem Heimweg stoppt eine Patrouille der Nationalgarde Sandinos Wagen. Er wird auf einen Lastwagen verfrachtet, in die Nähe des alten Flugplatzes gefahren und dort erschossen. Zwei Jahre später putscht sich Somoza an die Macht. Der Familien-Clan beherrscht mehr als 40 Jahre das Land - bis zum 19. Juli 1979, als die selbst ernannten Söhne Sandinos die nicaraguanische Hauptstadt einnehmen.

Stand: 18.05.10