Stichtag

21. Mai 2010 - Vor 10 Jahren: Kitsch-Autorin Barbara Cartland stirbt

Zwei Personen spielen in den Liebesromanzen der Barbara Cartland stets die Hauptrolle: Ein blendend aussehender Mann in mittleren Jahren, vermögend, verwegen und oft adelig. Und eine junge Frau, die ihn zähmt: schön, etwas naiv und ohne jegliche sexuelle Erfahrung. Der Ort des Zusammentreffens ist immer ein entlegener Landsitz, auf dem Butler zahllose Tassen Tee reichen. Widersacher und Neiderinnen legen den beiden Protagonisten Steine in den Weg, doch am Ende siegt die Liebe - immer. Die einsträngigen Handlungen sind wenig komplex, die Sprache einfach. Nach diesem Muster entstanden über 700 Romane, von denen Cartland bis zu ihrem Tod am 21. Mai 2000 weltweit eine Milliarde verkauft haben soll. "Laut dem Guiness-Buch der Rekorde bin ich die größte Bestsellerautorin der Welt, weil ich Frauen Schönheit und Liebe gebe", sagt sie selbst über ihre Bücher.

Literatur am Fließband

Ihr ganzes Leben lang hält Cartland an diesem Rezept fest und verdient mit der Wiederholung des Immergleichen ein Vermögen. Ihre Trivialromane entstehen nicht im Sinne romantischer Kreativität, sondern in einem genormten Fließbandverfahren: Zu den immergleichen Tageszeiten setzt sie sich auf das Sofa, ihr kleines Hündchen im Arm, und diktiert einer Sekretärin den Text, 6.000 bis 8.000 Wörter jeden Tag. Etwa alle zwei Wochen beendet sie einen Roman. Die ehemalige Klatschkolumnistin des Daily Express, am 9. Juli 1901 in Birmingham als Bürgerliche geboren, wird zu ihrem eigenen Kunstwerk und zum lebenden Anachronismus: In der Öffentlichkeit tritt sie stets in rosa gekleidet und stark geschminkt auf.  Und wie ihre Helden lebt sie auf dem märchenhaften Landsitz Camfield Place, wo ein Chauffeur den Rolls-Royce vorfährt. Die Briten nennen sie wahlweise die "Queen of romance",  "the great pink one", oder wie ein Kritiker schrieb, einen gepuderten Pfannkuchen in Tüll. Neben ihren Büchern vermarktet sie romantische Reisen, rosafarbene Tapeten und Einrichtungsgegenstände.

Klischeehaftes Frauenbild

Feministinnen verachten die "Pink Lady", denn ihre Romanzen transportieren ein klischeehaftes Frauenbild. Ihre weiblichen Heldinnen arbeiten nie - und behalten ihre Jungfräulichkeit bis zur Hochzeit. Cartland sagt: "Das Bett spielt eine große Rolle in allen Liebesgeschichten. In meinen Büchern darf die Heldin mit dem Helden nie vor der Ehe ins Bett gehen." Sie sieht sich als Kämpferin für Liebe, Schönheit, Romantik und führt eine Kampagne gegen die sexuelle Befreiung, die von der Frau nicht gewollt sei. Lebensziel und Berufung ihrer Heldinnen ist allein die Liebe, den männlichen Protagonisten werden jedoch intellektuelle Überlegenheit und sexuelle Eskapaden vor der Ehe zugestanden.

Endlich adelig

Auch der letzte Traum im märchenhaften Leben der Barbara Cartland erfüllt sich: Die Verbundenheit mit dem Adel. Ihre Tochter heiratet den Earl of Spencer und die Queen macht Cartland im Alter von 89 Jahren zur "Dame".

Stand: 21.05.10