Stichtag

22. August 2010 - Vor 525 Jahren: König Richard III. von England fällt im Kampf

Auf einem Acker nordöstlich von Birmingham machen Archäologen im Februar 2010 eine sensationelle Entdeckung: Die goldsilberne Anstecknadel eines Ritters und andere mittelalterliche Kriegsfundstücke scheinen zu beweisen, dass der wahre Austragungsort der legendären Schlacht von Bosworth entdeckt wurde. Am 22. August 1485 unterliegt und stirbt dort König Richard III. in einem erbitterten Gefecht gegen Heinrich von Tudor, der durch Richards Tod die Krone Englands erringt. Die Niederlage besiegelt den Untergang des Jahrhunderte lang herrschenden Hauses Plantagenet. Dessen Adelszweige York und Lancaster hatten sich zuletzt 30 Jahre lang in den so genannten Rosenkriegen eine blutige Fehde um den Thron geliefert.

Opfer gezielter Hetzpropaganda

Gut 100 Jahre nach dem Tod auf dem Schlachtfeld erlebt der unglückliche König eine Wiederauferstehung als übelster Schurke der Theatergeschichte. William Shakespeare gibt Richard III. in seinem Drama die Gestalt eines hässlichen, buckligen Fieslings und den Charakter eines meuchelmörderischen Scheusals. Der lässt seine Frau vergiften, den Bruder ertränken und seine Neffen im Tower erwürgen. Diese Darstellung steht jedoch im Widerspruch zur historischen Realität, erklärt Dieter Berg, Professor für Mittelalterliche Geschichte in Hannover. Demnach wurde Richard III. das Opfer gezielter Hetzpropaganda seiner Nachfolger. Der Anspruch Heinrich Tudors auf die Krone nach der Schlacht von Bosworth ist strittig. Um die Thron-Okkupation zu rechtfertigen, setzen die Tudors fortan alles daran, den Vorgänger zu verunglimpfen. Als Günstling der Tudor-Königin Elisabeth I. beteiligt sich auch Shakespeare "offensiv propagandistisch", so Berg, an der royalen Rufmord-Kampagne.

Griff nach der Krone

Zeitgenössischen Chroniken zufolge hat der 1452 geborene Richard weder Buckel noch teuflischen Charakter. Er ist neun Jahre alt, als sein Bruder Eduard 1461 dem geisteskranken Lancaster-König Heinrich die Krone entreißt. Bis zu Eduards Tod 1483 dient Richard ihm als treuer Vasall, dann übernimmt er die Regentschaft und setzt machtbewusst seinen Thronanspruch gegen Eduards erst zwölfjährigen Sohn durch. Der Prinz und dessen jüngerer Bruder verschwinden zu jener Zeit, was Richard ebenso angelastet wird wie der Tod seiner Frau Anne, der er in Wirklichkeit ein liebevoller Ehemann gewesen sein soll. Nur zwei Jahre bleiben Richard III. als König, in denen er sich als fähiger und durchaus gerechter Monarch erweist.

Als Heinrich Tudor im Sommer 1485 mit einem Heer aus Frankreich übersetzt und auf London zumarschiert, sucht Richard die schnelle Entscheidung und zieht dem Invasoren entgegen. Begünstigt durch den Verrat eines verbündeten Lords ist der König plötzlich von Feinden umringt. "Ein Pferd! Ein Pferd! Mein Königreich für ein Pferd!" sind nach Shakespeare die letzten Worte Richards III., dann wird er wie ein tollwütiger Hund erschlagen. Zwei Tage lang stellt Heinrich von Tudor die massakrierte Leiche auf ein Pferd gebunden öffentlich zur Schau und leitet damit die Propagandalüge gegen den letzten Plantagenet-Spross ein.

Stand: 22.08.10