Stichtag

05. Mai 2010 - Vor 750 Jahren: Kublai Khan wird zum Herrscher gewählt

"Er ist ein kräftigter Mann mit wohlgeformten Gliedmaßen", schreibt der venezianische Geschäftsmann Marco Polo in seinem Reisebericht über Kublai Khan, den mongolischen Großkahn und chinesischen Kaiser. "Seine Gesichtshaut ist rosig-weiß, die Augen leuchten dunkel, fein ist die Nase profiliert." Geboren wird der Enkel von Dschingis Khan 1215. Er wächst in der Steppe auf. Dort lernt er reiten und jagen. Internationale Experten, darunter chinesische Gelehrte, bringen ihn auf den Stand der damaligen Wissenschaft. Kublais Aufstieg zum mächtigsten Mann der damaligen Welt beginnt am 5. Mai 1260: Er wird von einer sogenannten Ratsversammlung, eine Vertretung aller Mongolenstämme, zum Großkhan gewählt. Er tritt damit die Nachfolge seines Bruders Möngke Khan an - dem Herrscher des mongolischen Reiches, der im Jahr zuvor gestorben ist.

Toleranz und Wohlstand

Um sein nordchinesisches Herschaftsgebiet besser kontrollieren zu können, zieht Kublai vom Mongolengebiet nach China um und verlegt seine Hauptstadt in das heutige Peking. Er etabliert ein Verwaltungssystem und lässt sich 1271 in die chinesische Geschichtsschreibung aufnehmen: Als Gründer einer neuen chinesischen Herrscherfamilie, der Yuan-Dynastie - nach dem chinesischen Wort für Uranfang. Damit steht Kublai auch offiziell in der Nachfolge der von ihm bewunderten chinesischen Kaiser. Er gilt als tolerant: "Kublai war ein sehr widersprüchlicher Mensch, konnte aber mit vielen Leuten, die ganz unterschiedliche Ansichten hatten, Kontakte pflegen und wusste, wie er die Stärken dieser Leute nutzen und entfalten konnte", sagt Veronika Veit, Professorin für Mongolistik an der Uni Bonn. So beschäftigt Kublai an seinem Hof muslimische Finanzminister, buddhistische Kulturbeauftragte und konfuzianische Historiker. Sein Programm heißt Wohlstand für alle durch Wirtschaftsförderung: Er unterstützt das Handwerk, bietet den Bauern Hilfen in Krisenzeiten und öffnet die Grenzen für den Welthandel.

Krieg und Eroberung

Kublai dehnt seinen Einflussbereich durch Kriege aus. Seine wichtigste Schlacht ist die Eroberung Südchinas, denn südlich des Jangtse gibt es noch das chinesische Rest-Reich der Song-Dynastie. Nach fünf Jahren Kampf ist er am Ziel: Nach 600 Jahren ist Chinas Stammland 1279 erstmals wieder vereint. Auf dem Höhepunkt seiner Macht regiert Kublai ein Gebiet, das von Russland bis an die vietnamesische Grenze, von Tibet bis Südkorea reicht. Gerade einmal 500.000 Mongolen herrschen über etwa 60 Millionen Chinesen. In seinen letzten Lebensjahren verliert Kublai langsam seine Macht. Der Tod seiner Lieblingsfrau und seines Lieblingssohnes werfen ihn aus der Bahn. Er isst und trinkt zu viel. Porträts aus dieser Zeit zeigen einen aufgedunsenen Mann. Es bilden sich Fraktionen, die sich streiten. Korruption und Willkür kommen dazu. Der Hof braucht Geld für sein ausschweifendes Leben. Eroberungsfeldzüge, die neue Einkommensquellen erschließen könnten, bleiben erfolglos. Als Kublai 1294 mit fast 80 Jahren stirbt, ist der Glanz seiner Herrschaft bereits verblasst.

Stand: 05.05.10