Stichtag

14. Januar 2009 - Vor 100 Jahren: Ernst Neger wird geboren

Die abgewetzte Dachdecker-Schürze aus braunem Leder und die aufgekrempelten Hemdsärmel sind sein Markenzeichen: In dieser Aufmachung tritt Ernst Neger 52 Jahre lang immer wieder auf die Bühnen der Mainzer Fastnacht. Doch es handelt sich nicht um eine Verkleidung: "Ich bin tatsächlich Dachdecker-Meister", erzählt Neger. Das Geschäft habe er von seinem Vater übernommen. Von 1955 bis 1979 präsentiert der "singende Dachdecker" in der Fernsehsitzung fast jährlich einen neuen Karnevalsschlager. Oft wird daraus ein Hit wie etwa "Humba täterä", "Meenz bleibt Meenz" und "Rucki-Zucki".

Geboren wird Ernst Hugo Neger am 14. Januar 1909 in Mainz-Bretzenheim. Nach der Lehre bei seinem Vater geht er auf die Walz, kommt aber nur bis ins Ruhrgebiet. Dann treibt ihn das Heimweh zurück. Der Vater rät ihm: "Du musst mit den Leuten hier zusammen sein, du musst hier in die Vereine gehen.  [...] Hier musst du dich später mal ernähren." Sein geschäftsförderndes Gesangstalent präsentiert Neger ab 1929 auf Karnevalssitzungen - im Duo mit dem jüdischen Dichter Sissi Rosenbusch. "Leider musste der aber 1933, na ja, aus bekannten Gründen, sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen", erinnert sich Neger. Deshalb sei er nach der Machtübernahme der Nazis alleine als Büttenredner aufgetreten. 1934 stößt er zur Mainzer Prinzengarde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Neger mit dem Lied "Heile, heile Gänsje" zum Star der Mainzer Fastnacht: "Heile, heile Gänsje, es ist bald wieder gut, des Kätzchen hat e Schwänsche, es ist bald wieder gut". Ursprünglich handelt es sich bei dem Lied um einen Kinderreim, geschrieben von Martin Mundo in den 1920er Jahren. Neger fügt 1952 zwei neue Strophen über das im Krieg zerbombte Mainz hinzu: "Wenn ich emol de Herrgott wär', dann wüsste ich nur eens: Ich nähm' in meine Arme fest mein arm' zerstörtes Meenz. Ich drückte es ganz fest an mich und sagt: Hab' nur Geduld. Ich bau Dich widder auf geschwind!" Mit diesem nationalen Trostpflaster rührt er das Publikum zu Tränen. Musikalisch und textlich unterstützt wird Neger in diesen Jahren vom blinden Telefonisten und Hobby-Komponisten Toni Hämmerle, der 1969 stirbt. Hämmerle komponiert für Neger in den 50er und 60er Jahren rund 70 Lieder. Neger veröffentlicht insgesamt 15 Langspielplatten und mehr als 60 Singles. Für diese Leistung wird er nicht nur mit Karnevalsorden, sondern auch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Seinen letzten Bühnenauftritt bei der Mainzer Prinzengarde hat Neger 1984. Er stirbt am 15. Januar 1989 in Mainz - einen Tag nach seinem 80. Geburtstag.

Stand: 14.01.09