Stichtag

15. Juli 2009 - Vor 140 Jahren: Die Margarine wird patentiert

Napoleon III. ist besorgt. Die effektive Speisung seiner Truppen liegt dem letzten Kaiser der Franzosen sehr am Herzen. Aber mit nahrhafter Butter in die Schlacht zu ziehen ist eine Riesensauerei. Butter ist teuer. Sie zerfließt, wird ranzig und ungenießbar: eine billigere und haltbarere Lösung muss her. Deshalb lobt Napoleon III. in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts ein Preisausschreiben für einen alternativen Aufstrich aus. Der Kampf um die Brotoberfläche beginnt.

Der Chemiker Hippolyte Mège Mouriès nimmt die Herausforderung an und mischt aus Rindertalg, Milch, Wasser und zerkleinertem Kuheuter durch Filtern, Mischen, Stoßen, Erhitzen und Abkühlen ein erstes Ersatzprodukt. "Beurre économiqe" nennt er seine Kunstbutter, später "Beurre artificiel", schließlich "Margarine Mouriès", wobei der Anklang an die griechische Beeichnung für Perlmuschel ("margaros") sinnlich an die Farbe seiner Fettpaste anspielen soll. Am 15. Juli 1869 erhält Mouriès für seine Margarine ein Patent.Er stirbt elf Jahre später - verarmt und vergessen. Sein Patent hat er längst verkaufen müssen. Butterdynastien aus Holland nehmen sich seines Aufstrichs an: Sie verfeinern ihn und schaffen es dabei, die Margarine preisgünstig zu halten. Trotz aller Proteste der Agrarlobby, die 1887 eine Diskussion im Berliner Reichstag erzwingt, kommt auch in Deutschland bald immer mehr Margarine auf den Küchentisch. Der richtige Brotaufstrich wird zur nationalen Frage: Otto von Bismarck etwa wird hohe Schutzzölle erheben, um die Einfuhr von Margarine zu verhindern. Die Niederländer umgehen dien Auflagen, indem sie nahe der Grenze, auf deutschem Boden, Fabriken eröffnen.

1924 kommt mit Rahma eine Marke auf den Markt, die sich auf deutschen Frühstückstischen immer breiter macht; nach Protesten der Butter-Lobby muss das "h" aus dem Namen gestrichen werden. Rahma erinnere, so die Kritik, zu sehr an den Rahm der Kuhmilch, aus dem die Butter besteht . Obwohl Margarine mit Kokosfett, Palmfett und Öl aus Baumwollsaat (so genanntes "Negerfett") von ausländischen Importen abhängig ist, lässt sich selbst Vegetarier Adolf Hitler die Margarine nicht vom Brot nehmen. Später wird sie zum Schmiermittel des Wirtschaftswunders - und von den Werbestrategen mit dem Image des gesünderen Brotaufstrich belegt. Ob das stimmt, ist unter Butter- und Margarinefans allerdings bis heute umstritten.

Stand: 15.07.09