Stichtag

24. November 2009 - Vor 135 Jahren: Joseph Glidden erhält US-Patent für Stacheldraht

Das Prinzip ist simpel: Zwei lange, ineinander verdrillte Drähte und darin in kleinen Abständen eingearbeitet kurze Drähte, deren Enden angespitzt nach außen abstehen. Eine praktische Erfindung, dieser Stacheldraht: billig zu produzieren, auch auf große Distanzen einfach zu installieren und dabei so wirksam wie kein anderer Zaun. Am 24. November 1874 erhält der Farmer Joseph Glidden aus DeKalb, Missouri für diese Erfindung das US-Patent Nr. 157.124. Glidden ist nicht der Einzige, der sich an der Entwicklung eines stachelbewehrten Drahtzauns versucht hat. Als Erster hat er jedoch die Idee, die Metalldornen durch Verdrillen zweier Längsdrähte so zu fixieren, dass sie nicht mehr hin und her rutschen können. Mit einer umgebauten Kaffeemühle produziert Joseph Glidden die ersten Meter seiner flexiblen Stahlbarriere, die in kürzester Zeit das Gesicht des amerikanischen Westens grundlegend verändern wird. 

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts gelten die baumlosen Weiten westlich des Mississippi als Open Range, als grenzenloses und für alle zugängiges Weideland. Im Auftrag reicher Rinderbarone treiben Cowboys riesige Herden von Longhorns ungehindert durch die Prärie, immer auf der Suche nach dem saftigsten Gras. 1852 erlässt die Regierung in Washington den Homestead Act, der jedem Farmer, der bereit ist, die Einöde zu besiedeln, 65 Hektar Land zuspricht. Um Äcker und Weiden vor den fremden Rinderherden zu schützen, beginnen die Farmer, ihren Grundbesitz einzuzäunen. Innerhalb weniger Jahre wird das zuvor offene Land überall von kilometerlangen Drahtzäunen durchschnitten. Dies führt zu blutigen Auseinandersetzungen mit den Viehbaronen und ihren Cowboys, die zunehmend ihrer Existenzgrundlage beraubt werden.

In den 1880er Jahren erreichen die in zahlreichen Western verewigten, so genannten Weidekriege der Rancher gegen die Farmer ihren Höhepunkt. Doch gegen den Stacheldraht von Joseph Glidden, der auch dem Angriff einer wild gewordenen Rinderherde standhält, ist kein Kraut gewachsen. Die meisten Cowboys verlieren ihre Arbeit oder müssen froh sein, als Linienreiter Zäune aufstellen und reparieren zu können. Andere ziehen ein Leben als Outlaws vor und prägen so das Image vom Wilden Westen. Der "barb wire" (Stacheldraht)-Erfinder Joseph Glidden dagegen wird mit der von ihm gegründeten Barb Fence Company steinreich. Als er 1906 im Alter von 92 Jahren stirbt, zählt er zu den vermögendsten Unternehmern Amerikas. Sieben Jahre vor Gliddens Tod beginnt die unrühmliche Karriere des Stacheldrahts als Grenzbefestigung gegen Menschen. Im südafrikanischen Burenkrieg (1899-1902) sperren britische Truppen ihre Feinde erstmals in mit Stacheldraht umzäunten Lagern ein.

Stand: 24.11.09