Stichtag

18. Juli 2009 - Vor 1.945 Jahren: Rom brennt

Brände sind in der Hauptstadt des römischen Imperiums keine Seltenheit. Aber der Feuersturm, der in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli 64 nach Christus in Rom ausbricht, ist so gewaltig, dass Geschichtsschreiber Tacitus ihn in seinen Annalen erwähnt. Der Brandherd befindet sich in jenem Teil des Circus Maximus', "wo es in den Geschäften Ware gab, die die Flammen nährte." Von da aus verbreitet sich der Brand in alle Richtungen durch die engen Gassen und deren Holzhäuser. "Das Feuer wurde sofort kräftig und schnell vom Wind entfacht und erfasste die gesamte Länge des Circus", so Tacitus. Er beschreibt darin, wie die "Vigiles", die damaligen Feuerwehrmänner, versuchen, dem Flammeninferno Herr zu werden. Die Löschmöglichkeiten sind wegen Wasserknappheit und flüchtenden Menschen begrenzt. Der Großbrand dauert neun Tage lang und verändert das Stadtbild dramatisch. "Rom war in 14 Teile geteilt, von denen vier unversehrt blieben, drei bis zum Boden vernichtet waren; in den sieben übrigen blieben Spuren von zerstörten und halbverbrannten Häusern übrig", schreibt Tacitus. Moderne Historiker schätzen, dass mehrere tausend Menschen sterben und mindestens 200.000 obdachlos werden.

Die Schuld für den Brand wird bald dem exzentrischen Kaiser Nero zugeschoben. "Es war das Gerücht durchgedrungen, dass er zum selben Zeitpunkt, als die Stadt brannte, auf seine Hausbühne gegangen war und den Untergang Trojas besungen hatte, indem er die jetzigen Übel mit dem alten Blutbad verglich", so Tacitus. Das Bild des singenden Kaisers vor den Flammen wird durch die Jahrhunderte überliefert. Eine direkte Verantwortung Neros ist aber nicht belegt. "Auf Grund der archäologischen Funde und der historischen Quellen können wir heute eine Brandstiftung als Ursache weder ausschließen noch bestätigen", sagt Leandro Polverini, Professor für antike Geschichte an der Universität Rom. Gegen Neros Täterschaft spreche die Tatsache, dass er sich beim Ausbruch des Brandes im 60 Kilometer entfernten Antium befunden habe.

Der Kaiser will den Vorwurf nicht auf sich sitzen lassen, schreibt Tacitus: "Daher schob Nero zur Beseitigung des Gerüchts Schuldige vor und verhängte äußerst ausgesuchte Strafen über jene, die das Volk als Christen bezeichnete." Überlieferungen sprechen von Kreuzigungen, Verbrennungen und Zirkuskämpfen zwischen Christen und wilden Tieren. "Es ist historisch erwiesen, dass die Apostel Petrus und Paulus unter Kaiser Nero gemartert wurden", sagt Polverini. "Ob das aber in Folge des Großbrandes oder zu einem anderen Zeitpunkt geschah, ist nicht klar." Die Christen seien damals eine in der Bevölkerung "sehr verhasste Sekte" gewesen.Kaiser Nero beschäftigt sich jedenfalls persönlich mit der neuen Stadtplanung. Es entsteht das Domus aurea, sein neuer prächtiger Palast, und ein neues Stadtbild. "Zugunsten Neros kann man sagen, dass der neue Stadtplan sehr gut durchdacht war", so Polverini. "Er sah breite Straßen, Vordächer, freie Höfe und feuerfestes Baumaterial vor. Die neuen Bauregeln blieben bis zum Ende des römischen Reiches in Kraft."

Stand: 18.07.09